Wohnungsrecht, Reallast oder Dauerwohnrecht? Abgrenzung, Wirkung und Einsatz
„Wohnrecht ist Wohnrecht“ – leider nein. Hinter dem alltagssprachlichen Begriff stehen unterschiedliche Rechtsfiguren mit sehr verschiedenen Wirkungen. Wer sauber abgrenzt, wählt das passende Werkzeug und erspart sich Grundbuch- und Finanzierungsärger.
Wohnungsrecht nach § 1093 BGB
Es sichert die eigene Nutzung ganz bestimmter Räume und schließt den Eigentümer aus. Es ist höchstpersönlich, nicht frei übertragbar, sehr vollstreckungsfest und endet in der Regel mit dem Tod. Es eignet sich ideal für die Absicherung im Familienhaus, verlangt aber präzise Flächenangaben, klare Mitbenutzungen und eine bewusste Entscheidung zur Drittüberlassung. Mit Blick auf Pflichtteilsergänzung kann ein umfassendes Wohnungsrecht den Fristlauf hindern; ein teilweises begünstigt meist den Beginn der 10-Jahres-Frist – ein Punkt für die Planung.
Wohnungsreallast (§§ 1105 ff. BGB)
Hier verpflichtet sich der Eigentümer aktiv, Wohnraum in bestimmter Qualität zur Verfügung zu stellen und instand zu halten. Das ist nützlich, wenn Auswahlrechte des Eigentümers gewünscht sind oder wenn das Recht gebäudeunabhängig wirken soll (z. B. nach Wiederaufbau). Nachteil: Die Naturalerfüllung ist im Streit nicht erzwingbar; es gibt primär Geldersatz. Praktisch dient die Reallast oft zur Absicherung von Geld- oder Pflegeleistungen (Indexierung möglich) – weniger als „Ich-darf-hier-wohnen“-Titel.
Dauerwohnrecht (WEG)
Das Dauerwohnrecht ist ein eigentumsähnliches Nutzungsrecht an einer abgeschlossenen Einheit. Es ist übertragbar und vererblich, aber kein Sondereigentum; es wird als Belastung eingetragen. In Projekten mit vielen Beteiligten kann es die richtige Wahl sein – rechtlich komplexer, steuerlich teils wie wirtschaftliches Eigentum behandelt. Für Familienübertragungen ist es die Ausnahme, für Bauträger- oder Stiftungsmodelle oft das Mittel der Wahl.
Banktauglichkeit und Rang
Finanzierer mögen klare Rangverhältnisse. Ein vorrangiges Wohnungsrecht drückt den Beleihungswert; oft wird ein Rangrücktritt oder eine Nachrangbestellung gebraucht. Reallasten mit dynamischen Zahlungsverpflichtungen sind bankseitig sensibel; sauber formulierte Deckelungen und Wertsicherung helfen. Beim Dauerwohnrecht ist die Verwertbarkeit das Thema: Es schafft Sicherheit für den Berechtigten, aber kein „klassisches“ Pfandobjekt.
Pflege- und Altenteilsbezug
Wer Versorgung, Pflege und Wohnen bündeln will, kombiniert Wohnungsrecht mit Pflege- / Versorgungspflichten und sichert diese über Reallast ab. In Konstellationen mit landesrechtlichem Altenteilsrecht kann ein Zwangsversteigerungsprivileg greifen – entscheidend ist der Inhalt, nicht die Überschrift.
Fazit
Wohnungsrecht ist die persönliche Wohnsicherung, Reallast ist die Leistungssicherung, Dauerwohnrecht ist die dauerhafte, übertragbare Nutzung. Die richtige Wahl richtet sich nach Lebensmodell, Finanzierung, Steuer- und Pflichtteilslage – und gewinnt durch sorgfältigen Grundbuch- und Vertragsfeinschliff.