Erbschaftsteuer – Systematik, Steuerpflicht und Bewertung nach dem ErbStG
Der Übergang von Vermögen im Erbfall löst regelmäßig Erbschaftsteuer aus. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) regelt, wie der Erwerb von Todes wegen bewertet und besteuert wird. Der Beitrag erläutert die Systematik der Erbschaftsteuer, ihre Steuerpflicht und die wichtigsten Bewertungs- und Verschonungsregeln – praxisnah und verständlich.
1. System und Aufbau des ErbStG
Die Erbschaftsteuer ist wie die Schenkungsteuer eine Personensteuer und Substanzsteuer. Sie berücksichtigt die persönlichen Verhältnisse des Erwerbers und knüpft an den Vermögensanfall durch den Erbfall an. Besteuert wird nicht das Vermögen des Erblassers, sondern der Zuwachs beim Erben.
Das Gesetz gliedert sich in:
Steuerpflicht (§§ 1–9 ErbStG)
Wertermittlung (§§ 10–13d ErbStG)
Steuerberechnung (§§ 14–19a ErbStG)
Erhebung (§§ 20–35 ErbStG)
Schlussvorschriften (§§ 36–37a ErbStG)
2. Persönliche Steuerpflicht
Unbeschränkte Steuerpflicht
Inländereigenschaft des Erblassers oder Erben führt zur unbeschränkten Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Als Inländer gelten Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland sowie deutsche Staatsbürger, die sich nicht länger als fünf Jahre im Ausland aufgehalten haben.
Beschränkte Steuerpflicht
Besteht keine Inländereigenschaft, greift die beschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) für inländisches Vermögen wie Grundbesitz oder Anteile an Kapitalgesellschaften.
3. Sachliche Steuerpflicht und Befreiungen
Erbschaftsteuerpflichtig sind Erwerbe von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
 Daneben bestehen sachliche Befreiungen, etwa:
Zugewinnausgleich (§ 5 ErbStG),
Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 b, 4 c ErbStG),
Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG).
Beispiel:
Das Familienheim bleibt steuerfrei, wenn der überlebende Ehegatte oder das Kind es selbst bewohnt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 b, 4 c ErbStG).
4. Bewertung und Verschonungsregelungen
Die Bewertung richtet sich nach §§ 10–12 ErbStG und dem Bewertungsgesetz. Für Grundbesitz gelten Vergleichs-, Ertrags- oder Sachwertverfahren (§§ 182 ff. BewG). Unternehmensvermögen wird im vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199–203 BewG) bewertet.
Verschonungsregelung (§§ 13a, 13b ErbStG)
Regelverschonung (85 %) bei fünfjähriger Fortführung und Einhaltung der Lohnsummenregel.
Optionsverschonung (100 %) bei siebenjähriger Fortführung, maximal 20 % Verwaltungsvermögen.
Bagatellregelung: Kleinbetriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern sind ausgenommen.
5. Steuerklassen, Freibeträge und Steuersätze
Die Einteilung in Steuerklassen (§ 15 ErbStG) und Freibeträge (§ 16 ErbStG) entspricht der Schenkungsteuer. Ehegatten und Kinder profitieren von hohen Freibeträgen (500.000 € bzw. 400.000 €). Die Steuersätze reichen von 7 % bis 50 %, abhängig von Steuerklasse und Erwerbswert (§ 19 ErbStG). § 19 Abs. 3 ErbStG schützt vor übermäßiger Progression: Wird eine Wertgrenze nur geringfügig überschritten, kann eine Milderung greifen.
6. Berücksichtigung früherer Erwerbe
Schenkungen innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall werden nach § 14 ErbStG hinzugerechnet. So werden Freibeträge nur einmal je Zehnjahreszeitraum gewährt, was für die Nachfolgeplanung entscheidend ist.
Fazit
Die Erbschaftsteuer folgt einer klaren Systematik, bietet aber zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Eine frühzeitige Planung – insbesondere durch Schenkungen zu Lebzeiten – kann erhebliche steuerliche Vorteile schaffen. Juristische Beratung hilft, Freibeträge optimal zu nutzen und formale Risiken zu vermeiden.