Beschränkungsmöglichkeiten bei Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten - so sichern Senior-Gesellschafter ihre Position

Wer Geschäftsanteile bereits zu Lebzeiten überträgt, will den Nachfolger stärken – ohne die eigene Position übereilt aufzugeben. Die Kunst liegt darin, Kontrolle, Rückholoptionen und klare Leistungserwartungen vertraglich zu sichern. Dieser Beitrag zeigt die wichtigsten Stellschrauben, wie Sie die Endgültigkeit der vorweggenommenen Erbfolge begrenzen: durch vertragliche Gestaltung (Auflage, Rücktritt, Bedingung, Stimmrecht) und – subsidiär – gesetzliche Rückforderungsrechte (grober Undank, Bedürftigkeit, Zweckverfehlung, Wegfall der Geschäftsgrundlage).

A. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

1) Schenkung unter Auflage

Mit der Auflage wird die Zuwendung an eine Pflicht des Nachfolgers geknüpft (z. B. Abschluss einer Ausbildung, Eintritt in die Geschäftsführung, Verbleib im Unternehmen).

  • Form: Beurkundungszwang – Auflage muss mitbeurkundet werden (§ 518 BGB).

  • Rechtsfolge bei Nichtvollzug: Rückforderung nach Bereicherungsrecht (§ 527 BGB), ohne Verschuldenserfordernis; zuvor regelmäßig Nachfrist setzen.

  • Hürden: Rückübertragung von GmbH-Geschäftsanteilen bedarf notarieller Abtretung (§ 15 Abs. 3 GmbHG) und ggf. Zustimmung der Gesellschaft; wird diese verweigert, ist die Naturalrestitution unmöglich – es bleibt Wertersatz.

Tipp:

Zustimmungserfordernisse im Gesellschaftsvertrag frühzeitig prüfen und Zusatzklauseln zur Abfindung bzw. Wertermittlung für den Rückfall klar regeln.

2) Vertragliches Rücktrittsrecht

Der Übergeber sichert sich ein Gestaltungsrecht, das bei klar definierten Tatbeständen greift (z. B. Insolvenz, Pfändung des Anteils, Vorversterben, Nichterreichen einer Qualifikation).

  • Wirkung: Mit der Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis (§§ 346 ff. BGB).

  • Zustimmungshürden wie oben: Verweigerte Einziehungs- / Abtretungszustimmungen führen zu Wertersatz.

Tipp:

Unveräußerlichkeit / Unvererblichkeit des Rücktrittsrechts und klare Fristen/Formerfordernisse (Textform / Notar) regeln.

3) Auflösend bedingte Aufnahme

Die Anteilsübertragung / Aufnahme steht unter auflösender Bedingung (z. B. Nichterreichen eines Abschlusses bis Datum X).

  • Pro: Automatischer Rückfall bei Bedingungseintritt, ohne Rücktrittserklärung.

  • Contra: Kein Entscheidungsspielraum mehr beim Übergeber, wenn sich die Lage positiv entwickelt.

4) Hinauskündigungsklauseln

Unzulässig sind „freie“ Hinauskündigungen. Klauseln, die den Ausschluss oder die Einziehung ohne konkrete Gründe erlauben, sind regelmäßig sittenwidrig (§ 138 BGB) und daher nichtig. Zulässig sind nur sachgrundgebundene Ausschluss-/Einziehungstatbestände, die klar benannt, verhältnismäßig und satzungsmäßig verankert sind (z. B. grobe Pflichtverletzung, nachhaltiger Vertrauensverlust, schwerwiegende Compliance-Verstöße).

5) Aufnahme unter Widerrufsvorbehalt

Ein freier Widerrufsvorbehalt entspricht der freien Hinauskündigung und birgt ein hohes Nichtigkeitsrisiko. Zulässig ist der Widerruf nur, wenn er an objektive, eng definierte Gründe geknüpft ist (z. B. Nichtbestehen einer verbindlich vereinbarten Qualifikation bis Datum X, rechtskräftige Verurteilung wegen Vermögensdelikten, gravierende Satzungsverstöße), befristet und verhältnismäßig ausgestaltet wird.

6) Einschränkung des Stimmrechts

Zur Kontrollsicherung können Stimmrechte moduliert werden. Junge Nachfolger werden eingebunden, ohne sofort Mehrheitsmacht zu haben.:

  • Mehrfachstimmrechte für Senior-Anteile,

  • Höchststimmrecht (Cap pro Person),

  • Stimmrechtsausschluss einzelner Anteile.

B. Gesetzliche Rückforderungsrechte

Diese Instrumente greifen oft nur, wenn vertraglich nichts oder nicht genug geregelt wurde.

1) Grober Undank (§ 530 BGB)

Widerruf der Schenkung bei schwerer Verfehlung des Beschenkten gegenüber dem Schenker / nahen Angehörigen.

  • Folge: Herausgabe in natura nach Bereicherungsrecht (§ 531 Abs. 2 BGB), soweit gesellschaftsrechtlich möglich; sonst Wertersatz.

  • Fristen / Verzeihung: Widerruf innerhalb 1 Jahres ab Kenntnis; Verzeihung schließt Widerruf aus.

2) Bedürftigkeit des Schenkers (§ 528 BGB)

Kann der Schenker nach der Zuwendung seinen angemessenen Unterhalt / gesetzliche Unterhaltspflichten nicht erfüllen, besteht ein Rückforderungsanspruch. Der Beschenkte kann diesen durch Unterhaltszahlungen abwenden.

3) Zweckverfehlungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB)

Ausnahmeweg: Greift nur, wenn neben der Schenkungsabrede ein übergreifender Zweck vereinbart war, der verfehlt wurde und der Fall nicht von §§ 527–530 BGB erfasst ist.

4) Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

Bei schwerer Störung gemeinsamer, erkennbarer Grundannahmen (z. B. Lebensgemeinschaft, Gesellschafterbindung), Anpassung des Vertrags. Wenn dies unzumutbar ist: Rücktritt. In Schenkungsverhältnissen kommt es nur ausnahmsweise zur Totalaufhebung. Häufiger sind modifizierende Lösungen (z. B. Änderung einer Nachfolgeklausel).

Fazit

Die Beschränkung der lebzeitigen Unternehmensnachfolge gelingt, wenn vertragliche Sicherungen (Auflage, Rücktritt, Bedingung, Stimmrecht) stringent mit Satzung und Bewertungsmechanik verzahnt werden. Gesetzliche Rückforderungsrechte sind Notbremsen – wertvoll, aber unberechenbarer. Wer rechtzeitig plant, vermeidet jahrelange Auseinandersetzungen und sichert die steuer- und gesellschaftsrechtlich saubere Staffelstabübergabe.

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