Unternehmensnachfolge durch Schenkung oder Verkauf – was ist besser?
Die kurze Antwort: Beides kann optimal sein – abhängig von Familie, Liquidität, Steuern und Governance. Die richtige Entscheidung entsteht nicht am Taschenrechner allein, sondern im Zusammenspiel aus Vermögenssicherung der Senior-Generation, tragfähiger Finanzierung der Junioren und einem Gesellschaftsvertrag, der Konflikte gar nicht erst entstehen lässt.
Wann die Schenkung punktet
Die lebzeitige Schenkung spielt ihre Stärke aus, wenn Sie Werte planvoll in die nächste Generation verschieben wollen – und zwar rechtzeitig. Mehrere Punkte sprechen dafür:
Pflichtteilsrecht & Zehnjahresuhr: Frühzeitige Übertragungen können die Pflichtteilsergänzung (§ 2325 BGB) abschmelzen lassen. Aber nur, wenn der Senior wirtschaftlich wirklich loslässt; ein umfassender Nießbrauch kann den Fristanlauf hemmen.
Erbschaft- / Schenkungsteuer: Freibeträge lassen sich alle 10 Jahre erneut nutzen; bei begünstigtem Betriebsvermögen kommen §§ 13a / 13b ErbStG ins Spiel (Verschonung / Lohnsummen, Behaltensfristen).
Wertzuwächse wandern nach vorn: Künftige Steigerungen fallen direkt bei den Kindern an – erbschaftsteuerlich häufig vorteilhaft.
Psychologie & Onboarding: Mit klug geregelten Auflagen (z. B. Ausbildung, Mitwirkung usw.) und Rückforderungsrechten bleibt Steuerung möglich, ohne das Vertrauen zu zerstören.
Achtung Stolpersteine:
Bei Schenkungen an Minderjährige sind Vertretungshindernisse, Ergänzungspflegschaft und Genehmigungen zu prüfen; und der Gesellschaftsvertrag muss Vinkulierung, Vorerwerbe und Stimmrechte sauber abbilden. Ein zu „weicher“ Nießbrauch kann Pflichtteils- und Steuerziele konterkarieren.
Wann der Verkauf die bessere Wahl ist
Der Verkauf überzeugt, wenn Liquidität für die Altersversorgung benötigt wird oder wenn der Nachfolger bewusste „skin in the game“ zeigen soll:
Einkommensteuer: Beim Verkauf wesentlicher Beteiligungen droht § 17 EStG (Veräußerungsgewinn). Das kann schmerzen – lässt sich aber durch Kaufpreisstruktur, Raten, Earn-outs und Kaufpreissicherung steuern.
Governance & Disziplin: Ein Kaufpreis verpflichtet. Bankenfinanzierungen schaffen Reporting-Disziplin – gut für die Unternehmensfitness, aber nur tragfähig bei robustem Cash-flow.
Fairness in der Familie: Gleichstellungsgelder lassen sich leichter abbilden, ohne alles über Pflichtteilsverzichte zu lösen.
Risiken:
Überhöhte Preise strangulieren die Gesellschaft; zu niedrige Preise provozieren Sittenwidrigkeits- / Anfechtungsdebatten und schenkungsteuerliche Fiktionen (§ 7 ErbStG). Hier entscheidet eine belastbare Bewertung nach IDW S 1 / Ertragswert (bei Bedarf mit Multiple-Cap), klarer Stichtag, plausible Minderheiten- / Marktabschläge und – wenn sinnvoll – Earn-out-Elemente. Die Abfindungslogik muss außerdem die Zahlungswege (Raten, Sicherheiten, Zins) rechtssicher regeln.
Der goldene Mittelweg: Hybride Lösungen
Zwischen Schwarz und Weiß liegt die Gestaltungsfarbe:
Gemischte Schenkung: Teil Kaufpreis, Teil unentgeltlich – steuerlich sauber aufzuteilen; wirtschaftlich entlastet es die Junioren, ohne die Senior-Liquidität zu vergessen.
Schenkung mit Auflagen / Nießbrauch: Nutzung bleibt (teilweise) beim Senior, Substanz geht über – mit Blick auf Pflichtteilsrecht fein zu justieren.
Unterbeteiligung / GmbH & (atypisch) Still: Beteiligung an Ertrag und Wert, ohne sofort Stimmrechte zu verlagern – oft ideal für schrittweise Übergaben oder Geschwisterausgleich.
Kapitalerhöhung / „verbilligte“ Aufnahme: Quasi der Seiteneinstieg; § 7 Abs. 8 ErbStG (disquotale Werterhöhung) mitdenken.
Gesellschaftsvertrag feinjustieren: Vinkulierung, Mitveräußerung, Abfindung bei Ausscheiden, IDW S 1-Klausel, Earn-out-Mechanik, Vetorechte / Beirat, Konfliktkaskade.
Entscheidungskompass: So treffen Sie die richtige Wahl
Schenkung dominiert, wenn
Freibeträge / Verschonungen maximal genutzt werden sollen,
die Senior-Versorgung anderweitig gesichert ist,
Nachfolger bereits im Unternehmen sind und Governance steht.
Verkauf dominiert, wenn
Altersversorgung (Rentenlücke) primär aus dem Unternehmen kommen muss,
klare Performance-Anreize gewünscht sind,
externe Finanzierung die Nachfolge professionalisiert.
Hybrid ist ideal, wenn
Geschwister fair einzubinden sind,
die Unternehmensliquidität geschont werden muss,
Übergabe über Etappen (2–4 Jahre) mit Meilensteinen sinnvoll ist.
Check der Rahmenbedingungen (kurz & wichtig)
Steuern: §§ 13a / 13b ErbStG (Verschonung, Lohnsummen, Behaltensfristen), § 28a ErbStG (Verschonungsbedarfsprüfung > 26 Mio.), § 17 EStG (Verkauf), § 7 Abs. 8 ErbStG (disquotale Einlagen), GrESt bei Immobilien.
Pflichtteilsrecht: § 2325 BGB (Zehnjahresfrist), Gestaltungen ohne „wirtschaftliche Ausgliederung“ hemmen oft den Fristanlauf.
Formalien: § 15 GmbHG (Beurkundung / Abtretung), Vinkulierung / Zustimmungsklauseln, Minderjährige / Genehmigungen.
Finanzierung: Covenants, Sicherheiten, Thesaurierungsquote, Ausschüttungssperren – alles vertraglich synchronisieren.
Fazit
„Schenkung oder Verkauf?“ ist keine Entweder-oder-Frage, sondern eine Architekturaufgabe. Wer Steuern, Pflichtteil, Liquidität und Governance zu einem stimmigen Gesamtbild fügt – gern in Etappen – bekommt die beste Lösung: steuerlich effizient, familienfriedenstauglich und betriebswirtschaftlich belastbar.
Lesen Sie auch: