Familiengesellschaften – typische Gesellschaftsformen und steuerliche Themen - Teil 1

Die Familiengesellschaft ist eine der bewährtesten Gestaltungsmöglichkeiten, um unternehmerisches Vermögen im Familienverbund zu erhalten und eine geordnete Unternehmensnachfolge einzuleiten. Während früher häufig eine klassische Übergabe im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder des Testaments vollzogen wurde, steht heute zunehmend die strukturierte, mehrstufige Übertragung im Vordergrund.

Ziel ist nicht nur, die Nachfolge „irgendwann“ zu regeln, sondern das Unternehmen über Generationen hinweg steuerlich stabil, haftungsarm und führungsfähig zu halten. Eine Familiengesellschaft kann dabei – je nach Ausgestaltung –

  • eine Personengesellschaft (z. B. KG oder GmbH & Co. KG),

  • eine Kapitalgesellschaft (z. B. Familien-GmbH oder KGaA)

  • oder eine vermögensverwaltende Gesellschaft (GbR, stille Beteiligung, Unterbeteiligung) sein.

Sie bündelt das Vermögen, regelt Stimmrechte und verhindert die Zersplitterung des Unternehmens. Ebenso wichtig: Sie schafft klare steuerliche Zuordnungen und erlaubt, Einkommen und Vermögen über Generationen planbar zu gestalten.

Ertragsteuerliche Grundlagen – die Familiengesellschaft als Progressionsbremse

Einer der häufigsten Beweggründe zur Gründung einer Familiengesellschaft sind Einkommensteuer- und Progressionsvorteile.

a) Aufteilung der Einkünfte auf mehrere Familienmitglieder

Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung (§ 2 Abs. 1 EStG) wird jede natürliche Person getrennt veranlagt. Werden mehrere Familienmitglieder Mitunternehmer einer Gesellschaft, verteilt sich der Gesamtgewinn auf mehrere Steuersubjekte. So kann der Grundfreibetrag nach § 32 a EStG mehrfach genutzt werden:

  • 2023: 10.908 € (Ledige) / 21.816 € (Ehegatten)

  • 2024: 11.604 € (Ledige) / 23.208 € (Ehegatten)

Gerade bei Familien-KGs mit Kindern oder Ehepartnern als Kommanditisten lässt sich durch die Verteilung der positiven Einkünfte die Steuerprogression effektiv bremsen. Der Effekt ist mathematisch beträchtlich: Schon eine einfache Aufteilung eines Jahresgewinns von 300.000 € auf drei Gesellschafter kann zu einer Steuerersparnis von über 30.000 € führen.

Beispiel:

Ein Unternehmer (Einzelunternehmen, Gewinn 300.000 €) zahlt bei Spitzensteuersatz rund 42 % Einkommensteuer. Gründet er eine Familien-KG mit Ehefrau und Sohn zu gleichen Teilen, fällt auf jeden Anteil nur der persönliche Durchschnittssteuersatz an – je nach Höhe der übrigen Einkünfte oft unter 30 %.

b) Voraussetzungen: Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko

Damit die Finanzverwaltung die Aufteilung der Gewinne anerkennt, müssen die Familienmitglieder echte Mitunternehmer im Sinne des § 15 EStG sein. Entscheidend ist:

  1. Mitunternehmerinitiative – also die Möglichkeit, unternehmerische Entscheidungen mitzutragen, Stimmrechte auszuüben, Einsicht in Unterlagen zu nehmen und strategische Beschlüsse mitzufassen.

  2. Mitunternehmerrisiko – also eine Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven des Betriebs.

Fehlt eines dieser Merkmale, wird die Beteiligung steuerlich nicht anerkannt. Dann fließen sämtliche Gewinne weiterhin dem ursprünglichen Unternehmer zu – häufig mit der Folge einer Steuernachzahlung über mehrere Jahre.

Hinweis:

Bei minderjährigen Kindern ist zusätzlich die familiengerichtliche Genehmigung (§ 1643 BGB i. V. m. § 1822 Nr. 3 BGB) und die Bestellung eines Abschlusspflegers (§ 181 BGB) erforderlich.

Gewerbesteuerliche Optimierung durch Familiengesellschaften

Ein weiterer steuerlicher Hebel ergibt sich auf Ebene der Gewerbesteuer. Verpachtet oder verkauft der Unternehmer seinen Betrieb an eine Familien-Personengesellschaft, an der er nicht mehr als Mitunternehmer beteiligt ist, erzielt er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit – nicht aus Gewerbebetrieb.

Die Familiengesellschaft dagegen kann das an ihn gezahlte Geschäftsführergehalt als Betriebsausgabe abziehen. Damit verringert sich die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer (§ 7 Satz 1 GewStG).

Beispiel:

Ein Einzelunternehmer verpachtet seinen Produktionsbetrieb an die neu gegründete Familien-KG seiner Ehefrau und Kinder. Er selbst führt als Geschäftsführer die Geschäfte gegen Gehalt fort. Das Gehalt reduziert den Gewerbeertrag der KG – die Gewerbesteuerbelastung sinkt deutlich.

Allerdings:

  • Verluste der Gesellschaft können nicht mit dem Geschäftsführergehalt verrechnet werden.

  • Die vertraglichen Beziehungen müssen klar abgegrenzt und fremdüblich sein.

  • Wird die Zusammenarbeit als verdeckte Mitunternehmerschaft gewertet, gilt der Unternehmer steuerlich weiterhin als wirtschaftlicher Eigentümer – der steuerliche Effekt wäre verloren.

Familienbeteiligung bei Unternehmensverkauf

Auch bei der Veräußerung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils eröffnet die Einbindung von Familienmitgliedern erhebliche Gestaltungsspielräume.

Nach § 16 Abs. 4 EStG steht jedem Veräußerer ein Freibetrag von 45.000 € zu, sofern er das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig ist. Dieser Freibetrag kann durch mehrere veräußernde Familienmitglieder mehrfach genutzt werden.

Darüber hinaus ermöglicht § 34 EStG eine Tarifbegünstigung des Veräußerungsgewinns:

  • Bis 5 Mio. € kann der Gewinn auf Antrag nur zu 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes versteuert werden (§ 34 Abs. 3 EStG).

  • Alternativ greift die Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG), die die Steuerprogression glättet, indem der Gewinn fiktiv auf fünf Jahre verteilt wird.

Beispiel:

Ein Unternehmer verkauft seine Anteile mit 1,2 Mio. € Gewinn. Beteiligt er seine Ehefrau zuvor als Mitgesellschafterin, stehen zwei Freibeträge à 45.000 € zur Verfügung. Der verbleibende Gewinn von 1,11 Mio. € kann zur Hälfte begünstigt versteuert werden – eine Steuerersparnis von über 150.000 €. Diese Tarifvergünstigungen lohnen sich umso mehr, wenn der Veräußerungsgewinn durch mehrere Teilverkäufe oder gestaffelte Übertragungen auf Familienmitglieder verteilt wird.

Erbschaft- und Schenkungsteuer: Planung mit Zehnjahres-Rhythmus

Bei der Nachfolgeplanung spielt die Familiengesellschaft eine Schlüsselrolle, weil sie lebzeitige Übertragungen optimal abbildet.

a) Mehrfache Nutzung von Freibeträgen

Werden Unternehmensanteile im Abstand von zehn Jahren übertragen, können der Abzugsbetrag nach § 13 a Abs. 2 ErbStG sowie die Freibeträge nach §§ 16, 17 ErbStG mehrfach in Anspruch genommen werden.
Dadurch lässt sich Vermögen schrittweise steuerfrei übertragen.

Beispiel:

Ein Vater überträgt 2024 ein Betriebsvermögen im Wert von 800.000 € an seine Tochter – innerhalb des Freibetrags von 400.000 € steuerfrei. Zehn Jahre später kann er weitere 800.000 € übertragen, erneut steuerfrei.

b) Wertsteigerungen bleiben unbesteuert

Wertzuwächse, die zwischen den Übertragungen entstehen, bleiben erb- und schenkungsteuerlich unberücksichtigt. Gleichzeitig lässt sich der Zeitpunkt der Übertragung nutzen, um niedrige Unternehmensbewertungen (z. B. in wirtschaftlich schwachen Jahren) gezielt zu verwenden.

c) Spezialfall: Großvermögen über 26 Mio. €

Bei sehr hohen Vermögen greift die sogenannte Abschmelzungsregelung (§ 13 a Abs. 10 ErbStG). Durch geschickte Aufspaltung des Vermögens oder die Übertragung an vermögenslose Erwerber (etwa minderjährige Kinder oder eine Familienstiftung) kann über die Bedarfsprüfung nach § 28 a ErbStG dennoch eine weitgehende Steuerbefreiung erreicht werden.

Solche zweistufigen Übertragungen – zunächst begünstigtes Betriebsvermögen, später nicht begünstigtes Privatvermögen – werden heute zunehmend genutzt, um hohe Familienvermögen steuerneutral zu restrukturieren.

Typische Gesellschaftsformen in der Praxis

a) Kommanditgesellschaft (KG)

Die KG ist steuerlich eine Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Sie ist nicht selbst einkommensteuerpflichtig, sondern transparent: Gewinne und Verluste werden den Gesellschaftern zugeordnet (§§ 179 ff. AO).

  • Vergütungen an Gesellschafter (z. B. Zinsen, Mieten, Tätigkeitsvergütungen) sind keine Betriebsausgaben, sondern Sondervergütungen.

  • Verluste können nur bis zur Höhe der Hafteinlage verrechnet werden (§ 15 a EStG).

  • Gewerbesteuerpflicht besteht auf Ebene der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 GewStG), mit Freibetrag von 24.500 €.

Beispiel:

Ehegatten-KG mit Ehemann als Komplementär und Ehefrau als Kommanditistin. Beide erzielen anteilig Einkünfte, nutzen doppelte Freibeträge und können Gewinne steuerlich gleichmäßig verteilen.

b) GmbH & Co. KG

Die GmbH & Co. KG ist keine Mischform, sondern eine KG mit GmbH als Komplementärin.
Sie ist regelmäßig gewerblich geprägt (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG).
Die Kommanditisten erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die Komplementär-GmbH Körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte.

Vorteile:

  • Haftungsbegrenzung durch GmbH,

  • steuerliche Transparenz der KG,

  • hohe Flexibilität bei Ergebnisverteilung (Vorabvergütung, Sonderbetriebseinnahmen).

Nachteile:

  • Höhere Verwaltungskosten (zwei Gesellschaften),

  • komplizierte steuerliche Verflechtungen bei Beteiligungsidentität.

6.3 Stille Gesellschaften und Unterbeteiligungen

Diese Formen werden vor allem genutzt, um nicht aktive Familienmitglieder oder Minderjährige am Vermögen zu beteiligen, ohne ihnen Gesellschafterrechte im engeren Sinne zu geben.

  • Der typisch stille Gesellschafter erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

  • Der atypisch stille Gesellschafter wird steuerlich wie ein Mitunternehmer behandelt.

  • Die Unterbeteiligung (typisch oder atypisch) betrifft nur das Verhältnis zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem, die Hauptgesellschaft bleibt unberührt.

Gerade in Familienstrukturen erlaubt diese Form eine feine steuerliche Steuerung der Beteiligungsverhältnisse – etwa zur Nutzung mehrerer Freibeträge oder zur Vorbereitung der späteren Aufnahme in die Hauptgesellschaft.

Checkliste für die Praxis

  • Gesellschaftsvertrag steuerlich und zivilrechtlich abgestimmt

  • Mitunternehmerinitiative aller Beteiligten dokumentiert

  • Fremdvergleich für alle schuldrechtlichen Verträge

  • Buchhalterischer Vollzug aller Gewinn- und Verlustanteile

  • Nutzung der Zehnjahres-Frist geprüft

  • Keine verdeckte Mitunternehmerschaft oder Betriebsaufspaltung

  • Regelmäßige steuerliche und rechtliche Review-Gespräche

Fazit

Familiengesellschaften sind Werkzeuge der strategischen Steuer- und Nachfolgeplanung. Sie verbinden zivilrechtliche Kontrolle mit steuerlicher Effizienz. Entscheidend ist nicht die Rechtsform an sich, sondern die Kohärenz der Gesamtstruktur: Gesellschaftsvertrag, steuerliche Zurechnung, familiäre Zielsetzung und Nachfolgeplanung müssen zueinander passen. So können Sie Einkommen und Vermögen innerhalb der Familie verteilen, Freibeträge mehrfach nutzen, Erbschaft- und Schenkungsteuer minimieren und zugleich den Fortbestand des Unternehmens sichern.

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