Familiengesellschaften – typische Gesellschaftsformen und steuerliche Themen - Teil 2

GmbH – Trennungsprinzip, Besteuerung und Praxisfolgen

a) Grundmechanik (Trennungsprinzip)

Die GmbH ist eine juristische Person und damit eigenständiges Steuersubjekt. Steuerlich gilt das strikte Trennungsprinzip zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene. Konsequenzen:

  • Körperschaftsteuer (KSt): Gewinne der GmbH werden mit 15 % besteuert (§ 23 Abs. 1 KStG), ausschüttungsunabhängig.

  • Solidaritätszuschlag (SolZ) und Gewerbesteuer (GewSt) kommen oben drauf (§ 2 Abs. 2 S. 1 GewStG).

  • Einkunftsart: Unabhängig von der Tätigkeit sind die Einkünfte der GmbH immer gewerblich (§ 8 Abs. 2 KStG).

  • Keine Privatsphäre: Privatvermögen der GmbH gibt es nicht; alles ist Betriebsvermögen.

Fremdvergleichspflicht: Verträge der GmbH mit Gesellschaftern werden wie mit Dritten behandelt (Fremdvergleich). Abweichungen führen zu

  • verdeckter Gewinnausschüttung (vGA) (Vorteil an Gesellschafter außerhalb ordentlicher Ausschüttung) oder

  • verdeckter Einlage (Vorteil der GmbH zulasten des Gesellschafters).

Praxisfolgen:

  • Gehälter, Mieten, Zinsen an Gesellschafter sind Betriebsaufwand der GmbH – aber nur, wenn sie fremdüblich sind (Vergütungshöhe, Vertrag, tatsächlicher Vollzug!).

  • vGA erhöhen den körperschaftsteuerlichen Gewinn der GmbH und werden beim Gesellschafter als Kapitalertrag erfasst.

b) Thesaurierung vs. Ausschüttung

  • Thesaurierungsebene GmbH: ca. 15 % KSt + SolZ + GewSt (effektiv in der Praxis oft ~28–30 % je nach Hebesatz).

  • Ausschüttung: An natürliche Personen grundsätzlich Abgeltungsteuer 25 % zzgl. SolZ/KiSt (§§ 43, 43a EStG).

  • Zwischen Körperschaften: Dividenden grundsätzlich steuerfrei (§ 8b KStG), 5 % pauschal als nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 KStG).

Wichtig:

Der vielzitierte „niedrige“ Steuersatz der GmbH ist nur auf Gesellschaftsebene attraktiv. Bei Ausschüttung entsteht Zweitbelastung beim Anteilseigner. Die vorteilhafte Thesaurierung rechnet sich, wenn Gewinne lange im Unternehmen bleiben oder zu begünstigten Zwecken (Reinvestitionen, Verkauf der Anteile) genutzt werden.

c) Gesellschafterebene – Einkunftsarten & Optionen

  • Regelfall: Ausschüttungen sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, Abgeltungsteuer 25 %; kein Werbungskostenabzug.

  • Teileinkünfteverfahren (TEV 60 %) statt Abgeltungsteuer, wenn

    • die Erträge Betriebsvermögen (LuF / Gewerbe / selbständig) zuzuordnen sind oder

    • § 17 EStG (wesentliche Beteiligung) greift. Dann sind 60 % steuerpflichtig; Aufwendungen nur zu 60 % abziehbar (§ 3c Abs. 2 EStG).

  • Option zur Regelbesteuerung (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG):

    • mind. 25 % Beteiligung oder mind. 1 % und berufliche Tätigkeit für die GmbH.

    • Vorteil: Finanzierungskosten voll abziehbar; Nachteil: persönlicher Tarif kann höher sein.

Gehalt des (Gesellschafter-)Geschäftsführers:

  • Lohnsteuerlicher Arbeitslohn (§ 19 EStG).

  • Soweit überhöht / unfremdüblichvGA-Teil wird beim Gesellschafter als Kapitalertrag umqualifiziert.

Verluste der GmbH bleiben beim Gesellschafter unbeachtlich (Trennungsprinzip). Verrechnung nur im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft möglich – dann aber mit strengen formellen Anforderungen.

d) Typische Fehler & Prüfungsfelder (GmbH)

  • Vergütungen an Gesellschafter nicht fremdüblich (Höhe, Boni, Pensionszusagen, Dienstwagen, Miete).

  • Fehlende Verträge / fehlender Vollzug (keine Schriftform, keine Zahlung, keine Marktvergleiche).

  • verdeckte Einlagen / Einlagenrückgewähr ohne steuerliche Begleitung.

  • Zu frühe / zu späte Ausschüttungen (Zuflussprinzip beachten).

  • Übersehen der vGA-Doppelwirkung (Mehrgewinn GmbH und Kapitaleinkünfte Gesellschafter).

Mini-Checkliste GmbH (Fremdvergleich):

  • Schriftlicher Vertrag vor Leistungsbeginn

  • Marktvergleich (Gehalt / Miete / Zins) dokumentiert

  • Tatsächlicher Vollzug (Zahlungsfluss, Lohnabrechnung)

  • Klare Trennung Privat / Betrieb (kein „Verwischungseffekt“)

  • Ausschüttungsbeschluss, KESt-Anmeldung, Fristen

Kleine Aktiengesellschaft (AG)

Ertragsteuerlich weitgehend wie die GmbH: Trennungsprinzip, 15 % KSt, GewSt, Abgeltung / TEV auf Anteilseignerebene.

Praxissicht:

Die kleine AG bietet Corporate-Governance-Strukturen (Aufsichtsrat), ist aber administrativ aufwendiger als die GmbH. Steuerlich keine maßgeblichen Unterschiede zur GmbH.

Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)

Die KGaA kombiniert kapitalmarktfähige Kommanditaktien mit einem persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementär).

a) Gesellschaftsebene

  • Eigenständiges KSt-Subjekt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG), stets gewerblich (§ 8 Abs. 2 KStG), GewSt-pflichtig.

  • Besonderheit: Gewinnanteile und Geschäftsführungsvergütungen des Komplementärs sind auf Ebene der KGaA abziehbar (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG; für Sondervergütungen analog).

Gewerbesteuerlich werden Tätigkeitsvergütungen des Komplementärs beim Gewerbeertrag der KGaA hinzugerechnet (§ 8 Nr. 4 GewStG); auf Ebene des Komplementärs erfolgt Kürzung (§ 9 Nr. 2b GewStG). Ziel: Vermeidung von Doppelbelastungen.

b) Komplementär (natürliche Person oder Personengesellschaft)

  • Kein Mitunternehmer im einkommensteuerlichen Sinn, wird aber wie ein solcher behandelt:

    • Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG), inkl. Vergütungen (Tätigkeit, Darlehen, Überlassung von WG).

    • Sonder- / Ergänzungsbilanzen sind zu berücksichtigen.

  • Gewerbesteuer: Grundsätzlich nicht beim Komplementär; Belastung entsteht auf Ebene der KGaA (Hinzurechnung). § 35 EStG (Ermäßigung) kann beim Komplementär greifen.

  • ErbSt / BewG: Komplementärvermögen wie Mitunternehmer-Vermögen (Privilegierungen §§ 13a, 13b ErbStG).

c) Kommanditaktionäre

  • Steuerlich wie GmbH-Gesellschafter: Dividenden = Kapitalvermögen, Veräußerungsgewinne steuerbar; ErbSt-Privilegierung erst ab > 25 % Beteiligung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG).

  • Kommanditaktien zählen nicht zum Sonderbetriebsvermögen des Komplementärs.

d) Praxisnutzen & Stolpersteine

Nutzen:

  • Trennung von Leitungs- und Kapitalfunktion, Börsenfähigkeit der Kommanditaktien, maßgeschneiderte Nachfolge- und Kontrollarchitektur.

Stolpersteine:

  • Komplexe GewSt-Hinzurechnung / Kürzung (Timing und Vertragsgestaltung!),

  • Bewertung (Sonder- / Ergänzungsbilanzen),

  • Grunderwerbsteuer bei Immobilienübertragungen auf die KGaA (Sonderfälle der §§ 5, 6 GrEStG im Blick behalten).

Familienstiftung – Halten, Lenken, Entzerren

a) Zweck und Einsatzfelder

Die Familienstiftung hält und steuert Familienvermögen (insb. Unternehmensanteile) dauerhaft. Destinatäre (Familienmitglieder) haben keinen unmittelbaren Zugriff auf die Substanz, sondern Ertragsansprüche. Sie ist geeignet,

  • Zersplitterung durch Erbfälle zu verhindern,

  • Führungs- / Stimmrechte zu bündeln,

  • Streitprävention und Wertebindung (Stifterwille) sicherzustellen.

b) Ertragsteuerlich

  • Unbeschränkt KSt-pflichtig bei Sitz/Geschäftsleitung im Inland (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG).

  • Einkunftsarten grundsätzlich alle (außer § 19 EStG), außerbetriebliche Sphäre möglich.

  • Beteiligung an gewerblicher PersonengesellschaftMitunternehmerin (Einkünfte aus Gewerbebetrieb); Sondervergütungen an die Stiftung werden auf Ebene der Personengesellschaft hinzugerechnet.

  • Beteiligung an Kapitalgesellschaft:

    • rein vermögensverwaltend oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (z. B. Betriebsaufspaltung bei Vermietung wesentlicher Grundlagen).

    • Schachtelprivileg § 8b KStG: Dividenden/Gewinne idR steuerfrei (5 %-Nichtabzugsquote beachten).

  • Satzungsgemäße Leistungen an Destinatäre sind nicht abzugsfähig (§ 10 Nr. 1 KStG).

  • Fremdübliche Verträge mit Destinatären (Dienst/Miete/Zins/Lizenz/Beratung) sind abzugsfähig; unangemessener Teil = verdeckte satzungsgemäße Leistung (nicht abzugsfähig).

Gewerbesteuer: Nur bei wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb (§ 2 Abs. 3 GewStG). Beteiligung an gewerblicher Mitunternehmerschaft löst typischerweise GewSt auf Gesellschaftsebene aus; § 9 Nr. 2 GewStG vermeidet Doppelbelastung.

c) Destinatärsebene

  • Satzungsgemäße Zuwendungen = Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG), regelmäßig Abgeltungsteuer, auch bei Ausschüttungen an Angehörige und bei Auflösung.

  • Schuldrechtliche Vergütungen: Einordnung nach Trennungsprinzip in die jeweilige Einkunftsart.

  • Unangemessene Teile solcher Vergütungen gelten als verdeckte ZuwendungenKapitalvermögen.

d) Erbschaft- und Schenkungsteuer

  • Errichtung: Schenkung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG) oder Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG). Maßgeblich ist die Steuerklasse des entferntest Begünstigten; Satzungsdesign daher kritisch (möglichst Steuerklasse I).

  • Ersatzerbschaftsteuer (30-Jahres-Zyklus): Vermögen der Familienstiftung wird alle 30 Jahre fingiert auf zwei Kinder übertragen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG). Freibeträge und Privilegierungen für begünstigtes Vermögen (§§ 13a ff.) sind anwendbar. Verrentung der Steuer nach § 24 ErbStG möglich.

  • Trusts / Auslandsstiftungen: Inlandsbezug vermeiden; Gesetzgeber hat Steueraufschubmodelle weitgehend geschlossen (u. a. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG). Vorteil derzeit v. a.: keine Ersatzerbschaftsteuer im Ausland.

e) Typische Fehler & Best-Practice

  • Satzung ohne klare Destinatärslogik / Leistungsmechanik ⇒ Konflikte und steuerliche Risiken.

  • Leistungen ohne Fremdvergleich (Höhe / Anlässe / Zeiten) ⇒ verdeckte Zuwendung.

  • Betriebsaufspaltung unbemerkt begründet (wesentliche Betriebsgrundlage, personelle Verflechtung).

  • ErsatzerbSt-Liquiditätsplanung vergessen (Verrentung § 24 ErbStG frühzeitig prüfen).

Mini-Checkliste Familienstiftung:

  • Satzung: Begünstigtenkreis / Quote / Anlass / Eskalation

  • Governance: Beirat / Kontrolle / Abberufung / Notfallmechanismus

  • Steuer: § 8b KStG-Nutzung, Verdeckte Zuwendungen vermeiden

  • ErbSt: 30-Jahres-Planung, § 24 ErbStG Liquidität, §§ 13a ff. nutzen

  • Verträge mit Destinatären fremdüblich und vollzogen

Gestaltungsbeispiele aus der Praxis

  1. „Holding-GmbH über Familien-GmbH“
    Ziel: Thesaurierung, Dividenden § 8b KStG nahezu steuerfrei auf Holding, Reinvestition, spätere Share Deal-Optimierung.
    Knackpunkt: vGA-Vermeidung, saubere Verrechnungspreise.

  2. „KGaA mit Familien-Komplementär“
    Ziel: Kapitalzugang (Kommanditaktien), gleichzeitig Familienkontrolle über Komplementär.
    Knackpunkt: GewSt-Hinzurechnungen / Tätigkeitsvergütungen, klare Vergütungsmatrix.

  3. „Familienstiftung hält Familien-GmbH & Co. KG“
    Ziel: Dauerhafte Stimmrechtsbündelung, Entzerrung von Erbfällen, Ausschüttungsdisziplin via Satzung.
    Knackpunkt: Betriebsaufspaltung erkennen/gestalten, ErsatzerbSt liquiditätsseitig planen.

Fazit

Die GmbH gilt als operativ starke und zugleich steuerlich vorteilhafte Gesellschaftsform, insbesondere wenn Gewinne im Unternehmen thesauriert oder über Holding-Strukturen weiter genutzt werden. Voraussetzung ist jedoch eine saubere Compliance, insbesondere im Hinblick auf verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) – hier sind klare Abgrenzungen zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterinteressen zwingend einzuhalten.

Die KGaA ist dagegen ein spezialisiertes Instrument, das sich vor allem dann anbietet, wenn Kontrolle und Kapital intelligent voneinander getrennt werden sollen: Der Komplementär behält die unternehmerische Leitung und Kontrolle, während sich externe Investoren über Kommanditaktien beteiligen können. Diese Struktur eignet sich insbesondere für Familienunternehmen mit Expansionsplänen, die dennoch die strategische Führung in der Familie halten wollen.

Die Familienstiftung schließlich fungiert als eine Art „Familienverfassung“ in juristischer Form. Sie ermöglicht die langfristige Sicherung des Unternehmensvermögens über Generationen hinweg, ist steuerlich robust, verlangt jedoch ein hohes Maß an Governance und laufender Verwaltung. Zudem ist die sogenannte Ersatzerbschaftsteuer in regelmäßigen Abständen zu beachten, die eine periodische Besteuerung des Stiftungsvermögens vorsieht.

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