Stiftung oder Holding-GmbH? Entscheidung, Steuerlogik und Governance im Vergleich
Wer ein Familienvermögen oder ein Unternehmen auf die nächste Generation übertragen will, steht häufig vor der Grundsatzfrage: Stiftung oder Holding-GmbH?
Beide Modelle dienen demselben Zweck – Vermögen schützen, Kontrolle sichern, Steuern optimieren –, unterscheiden sich aber grundlegend in ihrer Struktur, Flexibilität und Governance-Logik. Während die Stiftung Vermögen verselbständigt und Konflikte dauerhaft ausschließt, ermöglicht die Holding-GmbH aktive Steuerung und flexible Anpassung an wirtschaftliche Entwicklungen.
Die Familienstiftung: Dauerhafte Stabilität durch Verselbständigung
a) Wesen und Struktur
Die Stiftung ist kein Zusammenschluss von Personen, sondern ein zweckgebundenes Vermögen, das rechtlich verselbständigt wird (§ 80 BGB). Das bedeutet: Das Vermögen gehört nicht mehr der Familie, sondern der Stiftung selbst. Die Familie ist über Destinatärsrechte (Begünstigtenrechte) angebunden.
In der Praxis wird zwischen
reinen Familienstiftungen (nur Versorgung der Familie) und
gemischten Doppelstiftungen (z. B. teils gemeinnützig, teils privatnützig)
unterschieden.
b) Steuerliche Aspekte
Die Familienstiftung ist körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG). Dividenden aus Beteiligungen sind zu 95 % steuerfrei (§ 8b KStG), sofern die Beteiligungsquote > 10 % liegt.
Besonderheit:
Alle 30 Jahre fällt die sog. Ersatzerbschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) an – sie entspricht einer fiktiven Erbschaftsteuer auf das Stiftungsvermögen. Dies ist planbar, kann aber bei fehlender Liquidität problematisch werden. Ausschüttungen an Destinatäre gelten als Kapitalerträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG) und unterliegen pauschal der Abgeltungsteuer von 25 %.
c) Governance und Einfluss
Einmal errichtet, ist die Stiftung dauerhaft. Nachträgliche Änderungen der Satzung sind kaum möglich. Ein Stiftungsrat oder Familienbeirat kann Mitsprache sichern; faktisch entscheidet aber die Stiftungssatzung über Rechte, Pflichten und Verteilung.
Vorteil:
Kein Streit über Stimmrechte oder Anteilsverkäufe.
Nachteil:
Geringe Reaktionsfähigkeit auf steuerliche und wirtschaftliche Veränderungen.
Die Holding-GmbH: Flexibilität und Kontrolle
a) Grundstruktur
Die Holding-GmbH ist eine Kapitalgesellschaft, deren Zweck im Halten von Beteiligungen liegt. Sie ist eigenständige juristische Person mit beschränkter Haftung (§ 13 GmbHG). Familienmitglieder können als Gesellschafter Anteile halten, über die sie – anders als bei der Stiftung – direkt Einfluss nehmen. Durch Vinkulierungsregelungen (§ 15 Abs. 5 GmbHG) lässt sich der Gesellschafterkreis auf die Familie beschränken.
b) Steuerliche Vorteile
Dividenden und Veräußerungsgewinne zu 95 % steuerfrei (§ 8b KStG),
Möglichkeit der Organschaft (§§ 14 ff. KStG) mit operativen Töchtern,
volle Thesaurierung zur Kapitalstärkung,
klare Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen.
Bei richtiger Gestaltung lassen sich Gewinne langfristig steueroptimiert auf Gesellschaftsebene halten und erst bei Ausschüttung mit 25 % Kapitalertragsteuer belasten.
c) Governance und Nachfolge
Die GmbH bietet ein breites Spektrum an Gestaltungsoptionen:
Gesellschaftervereinbarungen (z.B. Pool oder Stimmbindung),
Beirat oder Familienrat mit Vetorechten,
Nießbrauchs- und Vorzugsrechte für die Übergeber,
Treuhandstrukturen für minderjährige Erben.
Damit bleibt die Familie handlungsfähig, während die GmbH als Haftungsmantel dient.
Wann welche Struktur sinnvoll ist
a) Stiftung – für Stabilität und Dauerhaftigkeit
Empfohlen für:
sehr große oder generationsübergreifende Vermögen,
drohende familiäre Konflikte oder Zerwürfnisse,
keine aktiven Nachfolger,
Fokus auf Kapitalerhalt und Versorgung.
Beispiel:
Eine Unternehmerin möchte ihr Lebenswerk erhalten, hat aber keine Kinder, die operativ einsteigen. Sie überträgt die Anteile auf eine Familienstiftung, die die Gewinne an Nichten und Neffen ausschüttet.
Holding-GmbH – für aktive Steuerung und Agilität
Empfohlen für:
aktive Unternehmerfamilien mit Managementeinbindung,
flexibles Beteiligungsmanagement (Zukäufe, Verkäufe, Organschaft),
Kombination mit Nießbrauch- oder Poolverträgen,
steueroptimierte Thesaurierung.
Beispiel:
Eine Familie betreibt drei operative Gesellschaften und investiert parallel in Immobilien. Eine Holding-GmbH bündelt alle Beteiligungen, erzielt 95 % steuerfreie Beteiligungserträge und regelt die Nachfolge über abgestufte Gesellschafteranteile.
Kombination beider Modelle: Doppelstruktur mit Stiftungshülle
In der Praxis wählen viele Unternehmerfamilien eine Hybridlösung:
Die Stiftung hält die Anteile an der Holding-GmbH.
Die Stiftung sichert Dauerhaftigkeit und Konfliktfreiheit,
die Holding sorgt für operative Flexibilität und Steueroptimierung.
Diese Kombination erfordert allerdings enge Abstimmung mit Stiftungs- und Steuerrecht. Bei richtiger Ausgestaltung ist sie das stabilste Nachfolgemodell überhaupt.
Checkliste zur Entscheidungsfindung
Vermögensgröße und Struktur (operativ / passiv)
Generationen- und Familienkonstellation
Bedarf an Einfluss vs. Konfliktfreiheit
Steuerliche Ausgangslage (ErbSt, KSt, GewSt)
Liquiditätsplanung für 30-Jahres-Erbschaftsteuer bei Stiftung
Governance-Regeln (Beirat, Family Council, Satzung)
Kombination mit Doppel-Holding oder Nießbrauchstruktur prüfen
Fazit
Beide Modelle haben ihre Berechtigung. Die Stiftung überzeugt durch Dauerhaftigkeit, Schutz und Ruhe, die Holding-GmbH durch Gestaltungsfreiheit, Steuervorteile und Agilität. Welche Variante passt, hängt von Größe, Charakter und Dynamik der Familie ab.
Wichtig ist, dass Rechts- und Steuerstruktur zusammenpassen und nicht isoliert gedacht werden. Eine gute Nachfolgestruktur ist immer mehr als Steuerrecht – sie ist Familienarchitektur.
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