Holding-Struktur in der Nachfolge: Rechtliche & steuerliche Vorteile
Familienunternehmen und komplexe Privatvermögen stehen bei einem Generationenwechsel regelmäßig vor denselben Herausforderungen: Wie lässt sich das Lebenswerk erhalten, ohne dass es durch Erbstreitigkeiten, steuerliche Fehlplanungen oder zersplitterte Eigentumsverhältnisse an Stabilität verliert?
Eine gut konzipierte Holding-Struktur kann hier zur Schlüssellösung werden. Sie schafft ein zivil-, gesellschafts- und steuerrechtliches Gerüst, das sowohl die Nachfolge als auch die laufende Vermögensverwaltung effizient ordnet. Ziel ist eine Organisationsebene, die Vermögens- und Beteiligungsrechte bündelt, Entscheidungsstrukturen glättet und steuerliche Vorteile nutzt.
Gerade im Umfeld von Familiengesellschaften kann die Holding den entscheidenden Unterschied machen: Sie schafft klare Verhältnisse zwischen Generationen, wahrt Einflussrechte, erleichtert Schenkungen und Erbfälle – und reduziert zugleich Steuerbelastung und Streitpotenzial.
Begriff und Grundkonzept der Holding
Der Begriff „Holding“ ist gesetzlich nicht definiert. Er bezeichnet jedes Unternehmen, dessen Hauptzweck im Halten von Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht. Im Familienkontext spricht man von der Familienholding, also einer Gesellschaft, die das Vermögen oder die Unternehmensanteile einer Familie hält und verwaltet. Sie kann als:
reine Vermögens- bzw. Beteiligungsholding (keine operative Tätigkeit),
Managementholding (steuerndes Oberhaus für Konzerngesellschaften) oder
Mischholding (mit teilweiser operativer Tätigkeit)
ausgestaltet sein.
Im Nachfolge- und Vermögensbereich steht regelmäßig die vermögensverwaltende oder steuerlich geprägte Holding im Vordergrund, da sie Vermögen bündelt, die Einflussrechte zentralisiert und das operative Geschäft von familiären Spannungen entkoppelt.
Typische Ziele einer Familienholding
Die Errichtung einer Familienholding verfolgt meist mehrere parallel laufende Ziele:
Vermögensschutz: Abschirmung vor Gläubigern, Scheidungen, Pflichtteils- oder Abfindungsansprüchen.
Nachfolgeplanung: Gleitende Beteiligung der nächsten Generation; klare Regelung von Stimmrechten und Anteilsübertragungen.
Steueroptimierung: Nutzung von Verschonungsabschlägen (§ 13a, 13b ErbStG) und Holding-Privilegien (§ 8b KStG).
Governance und Family-Office-Funktion: Institutionalisierte Entscheidungsstrukturen, Beirat, Family Council, gemeinsame Anlagestrategie.
Gerade die Kombination aus Kontrolle, Steuerentlastung und innerfamiliärem Frieden macht Holding-Konstruktionen in der Nachfolge so attraktiv.
Betriebswirtschaftliche Vorteile
a) Bündelung und Professionalisierung
Die Holding erlaubt die Zentralisierung von Kernfunktionen wie Finanzierung, Buchhaltung, Steuern, Controlling oder Personal. Diese Aufgaben können von der Holding aus zentral betreut werden, während die operativen Einheiten sich auf ihr Geschäft konzentrieren.
Zugleich verbessert sich die Transparenz: Beteiligungs- und Ertragsstrukturen werden übersichtlich, die Berichtslinien klar. Eine Holding kann auch nach außen die Verhandlungsposition stärken – etwa beim Einkauf, in Bankenverhandlungen oder bei Beteiligungsgesprächen.
b) Flexibilität und Risikotrennung
Durch die Trennung von Vermögens- und Betriebsgesellschaften werden Risiken gezielt isoliert. So können operative Risiken (z. B. Produkthaftung, Mietverhältnisse, Lieferketten) von den Vermögenswerten ferngehalten werden.
Neue Geschäftsbereiche lassen sich über eigenständige Tochtergesellschaften starten, ohne das Gesamtvermögen zu gefährden. Das schafft strategische Beweglichkeit und erleichtert spätere Verkäufe oder Abspaltungen.
Steuerliche Vorteile der Holding-Struktur
a) Ertragsteuerliche Effekte
Eine Kapitalgesellschafts-Holding (z. B. GmbH) profitiert von den §§ 8b Abs. 1–5 KStG:
95 %ige Steuerfreistellung von Dividenden und Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungen.
Nur 5 % gelten als nicht abziehbare Betriebsausgaben.
Damit wird aus einem Euro Gewinnausschüttung auf Holding-Ebene effektiv nur etwa 1,5 – 2 % Steuerbelastung fällig. Das ermöglicht eine steuerneutrale Thesaurierung und Reinvestition – ein erheblicher Zinseffekt gegenüber direktem Privatbesitz.
b) Steueroptimierte Nachfolge
Wird das Vermögen im Rahmen einer Familienholding gehalten, lassen sich Übertragungen an die nächste Generation frühzeitig und steueroptimiert gestalten:
Schenkungen von Gesellschaftsanteilen an Kinder können Freibeträge (§ 16 ErbStG) und Verschonungsabschläge (§ 13a ErbStG) kombinieren.
Ein Nießbrauchsvorbehalt reduziert den steuerpflichtigen Wert, sichert Einkommen und Einfluss des Seniors.
Bei richtiger Gestaltung bleiben Anteile als begünstigtes Betriebsvermögen weitgehend schenkung- oder erbschaftsteuerfrei.
c) Doppel-Holding-Modelle
Eine Personengesellschaft als „Dach-Holding“ (z. B. GmbH & Co. KG) über einer GmbH-Zwischenholding verbindet die Vorteile beider Welten:
steuerfreie Dividenden / Verkäufe auf Zwischenholding-Ebene (§ 8b KStG),
flexible Entnahmepolitik und Nachfolgegestaltung auf der Family-Ebene.
So können Gewinne weitgehend steuerneutral im Konzern bleiben, bis sie tatsächlich an Privatpersonen ausgeschüttet werden.
Familienstrategische und rechtliche Aspekte
a) Einheit bewahren – Zersplitterung vermeiden
Gerade in der dritten Generation droht das Auseinanderfallen der Eigentümerfamilie. Die Holding sorgt für gebündelte Stimmrechte und klare Entscheidungswege. Über Pool- oder Stimmbindungsverträge können Mehrheitsentscheidungen gebündelt und Streit verhindert werden.
b) Governance und Beirat
Eine Holding erlaubt die Institutionalisierung von Family Governance:
Beirat mit Vertretern mehrerer Familienzweige,
Geschäftsordnungen,
Vetorechte,
Mediations- oder Schlichtungsverfahren.
Diese Struktur entlastet die operativen Geschäftsführer von familiären Spannungen.
c) Schutz vor externem Zugriff
Vinkulierungsklauseln verhindern, dass Anteile ohne Zustimmung übertragen werden. Bei Insolvenz oder Pfändung eines Gesellschafters können Call-Optionen den Rückkauf zum Verkehrswert ermöglichen. Auch Abfindungsklauseln (bewertet nach IDW S 1, mit Zahlungsmodalitäten in Raten) sind zentrale Bausteine des gesellschaftsrechtlichen Risikomanagements.
Rechtsformwahl – welches Modell passt?
a) GmbH-Holding
Haftungsabschirmung,
steuerliche Vorteile (95 %-Freistellung),
klare Organstruktur,
Vinkulierung leicht regelbar (§ 15 Abs. 5 GmbHG).
Nachteil: Entnahmen nur über Ausschüttungen.
b) Personengesellschaft (GbR/KG)
Transparenzprinzip, Einkünfte direkt beim Gesellschafter.
Geringe Publizität, flexible Entnahmen.
Nachteil: persönliche Haftung, höhere Steuerlast bei Verkauf.
c) GmbH & Co. KG
Die beliebteste Familienholding:
kombiniert Haftungsabschirmung der GmbH mit Flexibilität der KG,
erlaubt differenzierte Stimm- und Gewinnrechte,
gesellschaftsvertraglich hochgradig gestaltbar. Steuerlich gilt sie als Personengesellschaft, kann aber gewerblich geprägt werden (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), um Verschonungstatbestände zu nutzen.
e) Stiftung als Familienholding
Für sehr große Vermögen bietet die Familienstiftung maximale Dauerhaftigkeit und Schutz. Sie eignet sich, wenn kein aktiver Gesellschaftereinfluss gewünscht ist oder Streit droht. Nachteile sind die geringe Änderungsflexibilität und die Ersatzerbschaftsteuer alle 30 Jahre (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).
Häufige Fehler in der Praxis
Unklare Abfindungsklauseln - jahrelange Bewertungskriege.
Fehlende Poolregelungen - Stimmpatt bei Geschwistergeneration.
Verwaltungsvermögen übersehen - Verlust der Steuerbegünstigung.
Keine Family-Governance - Eskalation von Emotionen in operative Leitung.
Unabgestimmte Cash-Flows - Liquiditätsprobleme auf Privategesellschafter-Ebene.
Checkliste: Vorbereitung einer Holding-Struktur
Analyse bestehender Gesellschaften und Vermögenswerte
Zieldefinition (Steuer, Haftung, Governance, Nachfolge)
Auswahl geeigneter Rechtsform (GmbH / GmbH & Co. KG / Doppel-Holding / Stiftung)
Entwurf Gesellschaftsvertrag mit Pool-, Vinkulierungs-, Abfindungs- und Zustimmungsregelungen
Steuerliche Simulation (Verschonung, § 8b KStG, Organschaft)
Governance-Regeln (Beirat, Family-Council, Charta)
Notfall- und Krisenmechanismen (Pfändung, Scheidung, Tod)
Bank- und Finanzkommunikation abstimmen
Dokumentation & spätere Nachfolge-Implementierung
Fazit
Die Familienholding ist kein theoretisches Konzept, sondern das praktische Herzstück moderner Nachfolgeplanung. Sie vereint Vermögensschutz, Steueroptimierung, Familienstrategie und Unternehmensführung in einer Struktur.
Ob als GmbH, GmbH & Co. KG, Doppel-Holding oder Stiftung – entscheidend ist, dass Rechtsform, Gesellschaftsvertrag, Steuerkonzept und familiäre Governance ineinandergreifen. Nur dann gelingt, was viele Generationen anstreben: Fortbestand des Familienvermögens und des Familienunternehmens über Jahrzehnte – rechtssicher, steuerlich effizient und innerfamiliär befriedet.
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