Gestaltungsmöglichkeiten mit Schenkungen – klug planen, Steuern sparen, Familienfrieden sichern
Schenkungen sind ein zentrales Werkzeug der vorausschauenden Vermögens- und Nachfolgeplanung. Richtig strukturiert, lassen sich Freibeträge optimal nutzen, Werte sinnvoll verteilen und spätere Erbstreitigkeiten entschärfen. Der folgende Überblick zeigt die wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten mit Schenkungen – von der Kettenschenkung über die mittelbare Grundstücksschenkung bis hin zur gezielten Einbindung der übernächsten Generation. Praxisbeispiele und Stolpersteine helfen bei der Einordnung.
1) Kettenschenkung: Freibeträge intelligent „ketten“
Unter einer Kettenschenkung versteht man die Zuwendung an eine nahestehende Person, die das erhaltene Vermögen freiwillig (ohne rechtliche Bindung!) an eine dritte Person weiterschenkt, um mehrere Freibeträge optimal zu nutzen.
Beispiel:
Ein Elternteil schenkt dem Kind 400.000 € (Freibetrag Kind - Elternteil). Zusätzlich schenkt der andere Elternteil dem ersten Elternteil 400.000 € (Freibetrag Ehegatten). Dieser leitet 400.000 € freiwillig an das Kind weiter. Ergebnis: Das Kind erhält 800.000 € steuerfrei – es nutzt die Freibeträge beider Elternteile.
Wichtig für die steuerliche Anerkennung:
Die Zwischenperson muss frei verfügen können; keine Auflage oder Verpflichtung zur Weiterschenkung (keine „Treuhand“-Abrede, keine schriftliche Bindung).
Zeitlicher Abstand zwischen Erst- und Weiterschenkung (in der Praxis: mehrere Monate), um eine vorab abgestimmte Gesamtmaßnahme zu vermeiden.
Dokumentation: getrennte Schenkungsverträge / -anzeigen; klare Geldflüsse.
Stolpersteine:
Schriftliche oder faktische Bindungen (E-Mail-Absprachen, Verwendungsauflagen) gefährden die Anerkennung.
Vermischung der Beträge auf Gemeinschaftskonten ohne Nachweis der Eigentumslage.
2) Grundstücksschenkung & mittelbare Schenkung: Cash gegen Immobilie tauschen
Bei der mittelbaren Grundstücksschenkung wird Geld mit der Bedingung zugewendet, ein konkret bezeichnetes Grundstück zu erwerben. Steuerlich maßgeblich ist dann nicht der Geldbetrag, sondern der Grundstückswert.
Voraussetzungen:
Schriftlicher Vertrag über Schenkung und Auflage (Kauf des genau bezeichneten Objekts).
Enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Zuwendung und Erwerb.
Eindeutige Objektbezeichnung (Adresse, Grundbuchblatt, ggf. Exposé / Notar-Nr.).
Wann lohnt es sich heute noch?
Durch die Annäherung der Bewertungsregeln an Verkehrswerte ist der Vorteil geringer. Sinnvoll bleibt der Weg
bei vermieteten Wohnimmobilien (10 %-Abschlag nach § 13d ErbStG),
oder wenn der Bewertungsansatz (z. B. Sachwertverfahren) unterhalb des realen Kaufpreises liegt.
Praxis-Tipp:
Wenn ohnehin Immobilien übertragen werden sollen, ist Grundbesitz statt Bargeld häufig günstiger – insbesondere bei vermieteten Wohnobjekten oder bewertungsbedingten Abschlägen. Achten Sie auf eine saubere Chronologie: Schenkung (Zweckauflage) - Kaufvertragsabschluss - Kaufpreisfluss aus Schenkungsbetrag.
3) Familienwohnheim steuerfrei an den Ehegatten
§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ermöglicht die schenkungsteuerfreie Übertragung des selbstgenutzten Familienwohnheims (Haus oder Eigentumswohnung in EU/EWR) auf den Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner.
Vorteile:
Keine Behaltensfrist bei der Schenkung (anders als beim Erwerb von Todes wegen).
Beliebt, um Vermögen gleichmäßiger zwischen Ehegatten zu verteilen und Freibeträge der Kinder beider Elternteile später optimal auszuschöpfen.
Voraussetzungen:
Objekt liegt in EU/EWR und wird zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
Nachweis der Nutzung (Meldebescheinigung, Versorgerrechnungen).
Praxis-Tipp:
Vor der Übertragung: kurze Statusprüfung (Eigennutzung, Grundbuch, Lasten). Nach der Übertragung: Schenkungsanzeige nicht vergessen. Bei Miteigentumsübertragung ggf. Finanzierungs- und Grundschuldabstimmung mit der Bank.
4) Die übernächste Generation mitdenken: Direkt zu den Enkeln
Sind Kinder bereits vermögend, kann es Sinn machen, direkt an Enkel zu schenken oder zu vermachen – mit eigenem Freibetrag (200.000 € pro Enkel). Dadurch wird Vermögen breiter gestreut und die spätere Belastung der Kind-Generation reduziert.
Steuer- und Strukturvorteile:
Zusätzliche Freibetragslinie (Großeltern ↔ Enkel).
Zeitliche Staffelung der Vermögensübertragung mit 10-Jahres-Freibetragszyklen.
Kontrollierte Beteiligung statt „Cash“:
Wer die Verfügungsbefugnis begrenzen möchte (z. B. bis nach Ausbildung / Studium), kann:
eine Personengesellschaft (z. B. vermögensverwaltende GbR) mit Enkeln als Kommanditist / GbR-Gesellschaftern gründen (Enkel z. B. 99 %, Großeltern 1 %),
dabei Sonderrechte zur Geschäftsführung / Vertretung (inkl. Befreiung von § 181 BGB) bei den Großeltern vorsehen,
Ausschüttungs- / Entnahmeregeln und Vinkulierung (Zustimmungsbedarfe) in den Vertrag schreiben.
Praxis-Tipp:
Auf Minderjährigenschutz achten (Familiengericht bei Grundbuch- / Gesellschaftsvorgängen, § 1643 BGB). Verträge kindgerecht und aufsichtsfreundlich formulieren; klare Ausschüttungslogik.
5) Übernahme der Schenkungsteuer: meist sinnvoll
Übernimmt der Schenker die anfallende Schenkungsteuer, gilt diese zwar selbst als weitere Zuwendung, löst aber keine endlose Steuerkaskade aus (§ 10 Abs. 2 ErbStG). In der Praxis ist die Übernahme fast immer empfehlenswert – sie erleichtert Planung und Liquidität beim Beschenkten.
Praxis-Tipp:
Im Schenkungsvertrag klar regeln, dass der Schenker die Steuer trägt. Bei größeren Volumina Liquiditätsplanung (Fälligkeit, Vorauszahlungen) und Steuerbescheidkontrolle einplanen.
Checkliste: So gehen Sie strukturiert vor
Zielbild klären: Wer soll wann wie viel erhalten? Liquiditätsbedarf der Schenker?
Freibeträge kartieren: Ehegatte, Kinder, Enkel – inklusive 10-Jahres-Rhythmus.
Vermögensarten prüfen: Cash vs. Immobilien vs. Beteiligungen (Bewertung! Mietwohnungsabschlag!).
Instrument wählen: Kettenschenkung, (mittelbare) Grundstücksschenkung, Wohnheim an Ehegatten, Enkel-Struktur.
Verträge & Belege: getrennte Schenkungsvorgänge, klare Zahlungswege, Auflagen nur, wenn zulässig.
Zeitliche Taktung: Abstände bei Kettenschenkungen; enger Zusammenhang bei mittelbarer Grundstücksschenkung.
Steuer & Anzeige: Schenkungsanzeigen fristgerecht; Steuerübernahme regeln.
Compliance: Familiengericht (Minderjährige), Bankfreigaben, Grundbuch, Gesellschaftsregister.
Dokumentation: Protokolle, Kontoauszüge, Bewertungsunterlagen, Beschlüsse.
Nachhalten: Änderungen in Familien-, Wohn- oder Vermögenssituation - frühzeitig überprüfen.
Häufige Fehler (und wie man sie vermeidet)
Zwingende Weiterschenkungsauflagen bei Kettenschenkungen - führt zur Versagung. Besser: freiwillige Weiterschenkung, sauber getrennte Akte.
Kein zeitlicher Abstand zwischen den „Kettengliedern“ - erhöhte Angreifbarkeit.
Unklare Objektbezeichnung bei mittelbarer Grundstücksschenkung - Anerkennung gefährdet.
Schenkungsanzeigen werden vergessen - Bußgelder möglich, vermeidbare Risiken.
Übertragung des Wohnheims ohne Eigennutzungsnachweis - Steuerfreiheit wackelt.
Minderjährige ohne familiengerichtliche Freigaben in komplexe Strukturen eingebunden - Vollzug stockt.
Fazit
Schenkungen sind mehr als Steueroptimierung: Sie sind ein strategisches Steuerungsinstrument für Vermögen, Verantwortung und Familienfrieden. Wer Freibeträge kennt, Zeitfenster nutzt und Verträge präzise formuliert, erzielt rechtssichere und steuerlich effiziente Ergebnisse. Die Kombination aus Kettenschenkung, (mittelbarer) Grundstücksschenkung, Wohnheimübertragung und der gezielten Einbindung der Enkel eröffnet ein breites Spektrum – vorausgesetzt, Freiwilligkeit, Zeitplanung und Dokumentation stimmen.
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