Die gewerbliche Familiengrundbesitzgesellschaft – Buchwerte sichern und stille Reserven schützen

Während die vermögensverwaltende Familiengesellschaft vor allem auf langfristige Bestandshaltung und geordnete Nachfolge zielt, erfüllt die gewerbliche Familiengrundbesitzgesellschaft eine andere, nicht minder bedeutsame Funktion: Sie schützt stille Reserven und ermöglicht die steuerneutrale Übertragung betrieblicher Immobilien, insbesondere dann, wenn Betriebs- und Besitzvermögen im Erbfall auseinanderzufallen drohen.

Hintergrund ist, dass Grundstücke, die Teil des Betriebsvermögens sind oder als Sonderbetriebsvermögen gehalten werden, im Erbfall leicht in die private Sphäre übergehen können – etwa, wenn der Betrieb auf ein Kind, das Grundstück aber auf ein anderes übergeht. Diese Trennung führt ertragsteuerlich zu einer zwangsweisen Entnahme und damit zur Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven. In vielen Fällen stehen den Erben dann keine liquiden Mittel zur Verfügung, um die Steuerlast zu begleichen. Gerade in solchen Konstellationen erweist sich die gewerbliche Familiengesellschaft als steuerlich intelligenter Puffer.

1. Ertragsteuerliche Neutralität durch § 6 Abs. 5 EStG

Kerninstrument der Gestaltung ist § 6 Abs. 5 EStG. Diese Vorschrift erlaubt es, Grundstücke steuerneutral zum Buchwert innerhalb des betrieblichen Bereichs zu übertragen. Dadurch kann ein Objekt ohne Realisierung stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens in das Sonderbetriebsvermögen oder in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft überführt werden – und umgekehrt. Ebenso kann ein Grundstück, das sich bereits im Sonderbetriebsvermögen befindet, in das Gesamthandsvermögen oder sogar in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Mitunternehmers übergehen.

Voraussetzung für die Buchwertfortführung ist stets, dass der Vorgang unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Erfolgt die Übertragung wie unter fremden Dritten – also gegen volles Entgelt – wird sie als Veräußerung behandelt und führt zu einer Gewinnrealisierung. Bei teilentgeltlichen Vorgängen greift die sogenannte modifizierte Trennungstheorie: Solange das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt, bleibt der Vorgang steuerneutral; nur der übersteigende Teil führt zu einem steuerpflichtigen Gewinn.

Von erheblicher praktischer Bedeutung ist, dass die Einbuchung des Grundstücks auf der Ebene der Gesellschaft auf dem richtigen Kapitalkonto erfolgt. Nur wenn die Gegenleistung in Form von Gesellschaftsrechten auf dem sogenannten Kapitalkonto I verbucht wird, gilt der Vorgang als Gewährung von Gesellschaftsrechten im steuerlichen Sinn. Erfolgt die Buchung ausschließlich auf einem variablen Unterkonto, liegt keine Gewährung von Gesellschaftsrechten vor – mit der Folge, dass das Grundstück zum Teilwert einzubringen wäre.

2. Wechselwirkungen mit § 6 Abs. 3 EStG und Sperrfristen

§ 6 Abs. 3 EStG erlaubt die steuerneutrale Übertragung ganzer Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile. Beide Vorschriften – Abs. 3 und Abs. 5 – stehen gleichwertig nebeneinander. In der Praxis lässt sich das kombinieren: Der Unternehmer kann beispielsweise seinen Betrieb unentgeltlich auf den Nachfolger übertragen (§ 6 Abs. 3 EStG) und gleichzeitig das bisherige Betriebsgrundstück in eine neu gegründete Familiengesellschaft einbringen (§ 6 Abs. 5 EStG). Auf diese Weise werden sowohl Betrieb als auch Immobilie buchwertneutral überführt, und die stillen Reserven bleiben unangetastet.

Zu beachten sind jedoch die Sperrfristen des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG: Wird das übertragene Grundstück innerhalb von drei Jahren nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden veräußert oder entnommen, wird der Vorgang rückwirkend steuerpflichtig. Gleiches gilt, wenn sich innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung der Anteil einer Kapitalgesellschaft an dem Grundstück unmittelbar oder mittelbar erhöht (§ 6 Abs. 5 S. 5 und 6 EStG). Diese Regelung soll verhindern, dass Grundstücke steuerneutral in eine Gesellschaft überführt und kurz darauf gewinnbringend weitergereicht werden.

3. Grunderwerbsteuerliche Fallstricke

Wird ein Grundstück in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft eingebracht, löst das grundsätzlich Grunderwerbsteuer aus. Der Gesetzgeber erkennt aber an, dass der Einbringende ja weiterhin – nun mittelbar – Eigentümer bleibt. Deshalb wird die Steuer in Höhe seines Gesellschaftsanteils nicht erhoben (§ 5 Abs. 2 GrEStG). Verringert sich dieser Anteil innerhalb von zehn Jahren, kann die Steuer rückwirkend anfallen (§ 5 Abs. 3 GrEStG).

Wird das Grundstück dagegen verschenkt oder vererbt, greift regelmäßig die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG. Die Rechtsprechung betrachtet § 5 Abs. 3 GrEStG hier als reine Missbrauchsvorschrift, die in diesen Fällen keine Nachbesteuerung auslöst. So können auch schrittweise Übertragungen – etwa in mehreren Schenkungsetappen – rechtssicher gestaltet werden, sofern sie in den persönlichen Freibeträgen der Beteiligten bleiben.

Bei Kapitalgesellschaften ist die Situation strenger. Da hier personenbezogene Steuerbefreiungen nicht greifen, löst die Übertragung eines Grundstücks auf eine grundbesitzende GmbH regelmäßig Grunderwerbsteuer aus. Gleiches gilt bei Anteilsvereinigungen nach § 1 Abs. 3 GrEStG. Wer also sukzessive Anteile an einer Immobilien-GmbH überträgt, riskiert, durch die schrittweise Annäherung an 90 % oder 100 % der Beteiligung Grunderwerbsteuer auszulösen. In solchen Fällen ist es häufig günstiger, alle Anteile in einem Schritt zu übertragen oder – besser noch – rechtzeitig in eine Personengesellschaftsstruktur zu wechseln.

4. Erbschaftsteuerliche Einordnung und Verwaltungsvermögen

Erbschaftsteuerlich profitiert die gewerbliche Familiengrundbesitzgesellschaft grundsätzlich von den Begünstigungen des §§ 13a, 13b ErbStG, sofern sie nicht überwiegend sogenanntes Verwaltungsvermögen hält. Das Problem: Vermietete Immobilien gelten nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG grundsätzlich als Verwaltungsvermögen und sind damit von der Begünstigung ausgeschlossen. Nur echte Wohnungsunternehmen im Sinne des Gesetzes – also Gesellschaften, die dauerhaft eine Vielzahl von Wohnungen verwalten und dabei gewisse Zusatzleistungen erbringen – werden begünstigt. Die Finanzverwaltung verlangt in der Regel mindestens 300 vermietete Wohneinheiten, während die Rechtsprechung eher auf die Qualität der Bewirtschaftung und auf den Umfang zusätzlicher Dienstleistungen abstellt.

Kann diese Hürde nicht genommen werden, bleibt zumindest der 10-prozentige Verschonungsabschlag nach § 13d ErbStG, sofern die Grundstücke zu Wohnzwecken vermietet werden. Nicht begünstigt sind hingegen Betriebsgrundstücke, die nur deshalb im Betriebsvermögen gehalten werden, um bei der Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit die Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden. Hier wäre zu prüfen, ob eine Nutzungsänderung oder eine Umwandlung in Wohnraum möglich ist, um zumindest die Teilbegünstigung zu erreichen.

5. Gesellschaftsrechtliche und erbrechtliche Aspekte

In der Praxis entstehen die meisten Fehler nicht in der Steuerberechnung, sondern im Zusammenspiel von Testament, Gesellschaftsvertrag und Steuerrecht. Wird etwa das Betriebsunternehmen einem Erben und das Besitzunternehmen einem anderen zugewiesen, endet häufig die Betriebsaufspaltung – mit der Folge der sofortigen Steuerverhaftung. Der Betriebserbe genießt dann die steuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen, während der Besitz-Erbe die volle Steuerlast trägt, ohne über entsprechende Liquidität zu verfügen. Solche Asymmetrien lassen sich vermeiden, indem der Erblasser schon zu Lebzeiten für eine einheitliche Struktur sorgt: etwa durch eine gewerbliche Familiengesellschaft, an der alle künftigen Erben beteiligt sind, oder durch eine klare Zuweisungsklausel im Testament.

Auch Nachfolgeklauseln, Abfindungsregelungen und Verfügungsbeschränkungen sollten auf die steuerlichen Sperrfristen abgestimmt sein. Ein zu früher Verkauf, eine Entnahme oder eine Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse kann die zuvor mühsam erreichte Buchwertneutralität nachträglich zunichtemachen.

6. Laufende Besteuerung und Umsatzsteuer

Die laufenden Einkünfte der gewerblichen Familiengrundbesitzgesellschaft gelten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und unterliegen der Gewerbesteuer. Umsatzsteuerlich ist die Einbringung des Grundstücks in der Regel steuerfrei (§ 4 Nr. 9 a UStG). Etwas anderes gilt nur, wenn die Übertragung als Geschäftsveräußerung im Ganzen einzuordnen ist oder wenn der Übertragende zur Umsatzsteuerpflicht optiert hat. In diesen Fällen kann sich eine Steuerschuld ergeben, die aber meist durch sorgfältige Vertragsgestaltung vermieden werden kann.

Fazit

Die gewerbliche Familiengrundbesitzgesellschaft ist kein Standardmodell, sondern ein präzises Instrument zur Sicherung betrieblicher Immobilienwerte. Sie schafft die Möglichkeit, Grundstücke innerhalb der Familie steuerneutral zu übertragen, ohne dass die stillen Reserven aufgedeckt oder Liquiditätsbelastungen ausgelöst werden. Zugleich bietet sie Schutz vor den typischen Risiken des Erbfalls – etwa der Trennung von Betrieb und Besitz oder der Beendigung einer Betriebsaufspaltung.

Wer dieses Instrument einsetzen will, braucht eine sorgfältige Abstimmung zwischen steuerlicher und zivilrechtlicher Gestaltung: Der Gesellschaftsvertrag, das Testament und die steuerliche Struktur müssen ineinandergreifen. Richtig umgesetzt, bewahrt die gewerbliche Familiengrundbesitzgesellschaft nicht nur den Unternehmenswert, sondern auch den familiären Frieden – und das oft über Generationen hinweg.

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