Unternehmens-Anteile auf Kinder übertragen – rechtliche Stolperfallen vermeiden

Die frühe Beteiligung von Kindern an Gesellschafts- oder Betriebsvermögen ist sinnvoll: Freibeträge werden genutzt, Vermögen vorausschauend verteilt, Nachfolge wird erlebbar und die nächste Generation bringt sich frühzeitig ein und lernt. Zugleich bringt die Minderjährigkeit eine eigene Rechtslogik mit – von der gesetzlichen Vertretung über Genehmigungspflichten bis hin zu Haftungs- und Liquiditätsfragen in der Gesellschaft. Wer Gestaltungschancen realisieren will, muss diese Logik in Verträge, Satzungen und den Vollzug „einbauen“. Der folgende Beitrag zeigt kompakt, worauf es ankommt, welche Fehler in der Praxis immer wieder auftreten und welche Bausteine Strukturen stabil machen.

Ausgangslage und rechtlicher Rahmen

Kern der Ausgangslage ist die Stellvertretung: Minderjährige werden grundsätzlich von beiden Eltern gemeinsam vertreten (§ 1629 Abs. 2 BGB). In Unternehmerfamilien ist das nicht immer gewünscht. Das Gesetz erlaubt, die Vermögenssorge für geschenkte Gesellschaftsanteile auf den Schenker zu konzentrieren (§ 1638 Abs. 3 BGB); fällt er weg, greift ein Ergänzungspfleger (§ 1809 BGB). Soweit sich Eltern in eigener Sache gegenüber dem Kind erklären müssten, sind sie durch das Selbstkontrahierungsverbot gehindert (§ 181 BGB) – hier ersetzt der Ergänzungspfleger die elterliche Vertretung.

Für Gründung, Beitritt und Anteilserwerb an Gesellschaften, die ein Erwerbsgeschäft betreiben, ist eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich (§ 1852 BGB). Daneben bleiben allgemeine Zustimmungspflichten für bestimmte Vermögensgeschäfte einschlägig (§§ 1643, 1850 ff. BGB). Haftungsseitig schützt § 1629a BGB den später Volljährigen: Er kann seine Haftung auf das bei Volljährigkeit vorhandene Vermögen begrenzen; außerdem hat er ein besonders niedrigschwelliges Kündigungsrecht in Personengesellschaften aus wichtigem Grund (Volljährigkeit), mit Abfindungsfolgen.

Der rechtliche Rahmen lässt genügend Spielraum, verlangt aber eine klare Architektur: Wer ist Vertreter? Wann braucht es das Gericht? Wie werden Exit und Abfindung so geregelt, dass die Gesellschaft liquide bleibt?

Typische Probleme oder Fehler in der Praxis

Erstens wird die Frage der Vertretung unterschätzt. Sobald ein Elternteil zugleich (Mit-)Gesellschafter ist, greift regelmäßig § 181 BGB. Ohne rechtzeitig bestellten Ergänzungspfleger werden Gründungen, Anteilsübertragungen oder Satzungsänderungen blockiert oder – schlimmer – formfehlerhaft vollzogen. Das führt zu Nichtigkeitsrisiken und gefährdet die steuerliche Anerkennung.

Zweitens werden Genehmigungen nachgeordnet gedacht. Verträge werden unterschrieben, Registeranmeldungen vorbereitet – und erst dann merkt man, dass § 1852 BGB eine vorherige familiengerichtliche Genehmigung verlangt. Die Folge: schwebende Unwirksamkeit, verspätete Anerkennung und im Worst Case die Versagung steuerlicher Ziele. Professioneller ist der Vollzug unter aufschiebender Bedingung der Genehmigung.

Drittens wird die Abfindungs- und Liquiditätsdimension verkannt. Mit Volljährigkeit kann der junge Gesellschafter kündigen. Fehlen klare Bewertungs- und Stundungsregeln, entsteht Druck auf die Finanzplanung. Nicht selten sprengen ungestaltete Abfindungen Investitionspläne – obwohl das mit sauberen Gesellschaftsbausteinen vermeidbar wäre.

Lösungen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Eine Lösung kann in sorgfältiger Planung liegen: Statt Minderjährige direkt in operative Gesellschaften einzubinden, werden sie zum Beispiel an einer nicht operativen Holding beteiligt. Die Holding hält die Anteile an den operativen Einheiten; genehmigungs- und pflegebedürftige Entscheidungen konzentrieren sich nach „oben“, während „unten“ Handlungsfähigkeit gewahrt bleibt. Der Gesellschaftszweck der Holding wird bewusst als Vermögensverwaltung angelegt; die Aufnahme operativer Tätigkeiten wird an qualifizierte Beschlüsse gebunden – so bleibt die Schwelle zum Erwerbsgeschäft kontrollierbar.

Im Schenkungsvertrag empfiehlt sich eine gezielte Allokation der Vermögenssorge (§ 1638 Abs. 3 BGB) zugunsten des Schenkers, kombiniert mit der Benennung eines künftigen Ergänzungspflegers (im Testament). Der Vollzug der Übertragung wird ausdrücklich unter die aufschiebende Bedingung der familiengerichtlichen Genehmigung gestellt. So werden Register- und Steuerprozesse synchronisiert, und die Anerkennung zivil- wie steuerrechtlich abgesichert.

Satzungsseitig sorgen vier Bausteine für Stabilität:

  • Erstens klare Abfindungsregeln mit nachvollziehbarem Bewertungsmechanismus (z. B. IDW-orientierter Ertragswert oder Multiplikator-Korridor),

  • Zweitens Stundungs- und Ratenzahlungsrechte mit angemessener Verzinsung,

  • Drittens Vinkulierung/Andienungsrechte zur Kontrolle des Gesellschafterkreises,

  • Viertens Thesaurierungs- und Ausschüttungsregeln, die einerseits Vermögensaufbau beim Minderjährigen ermöglichen, andererseits Liquidität im Unternehmen sichern.

Ergänzend kann der Schenker ein Rückforderungsrecht für den Fall des „frühen Exits“ (Kündigung/Veräußerung kurz nach Volljährigkeit) vereinbaren – kein Strafmechanismus, sondern eine geordnete Rückabwicklung zur Vermeidung offener Konflikte.

Tipp:

Diese Bausteine greifen ineinander. Ob eine Genehmigungspflicht tatsächlich besteht (Abgrenzung Erwerbsgeschäft / Vermögensverwaltung), wie der Bewertungsmaßstab ausfällt und wie Rückforderungsrechte wirksam und kindeswohlgerecht formuliert werden, ist erklärungsbedürftig. Ohne abgestimmte Beratung (Notariat, Familien- und Gesellschaftsrecht, Steuer) sollte kein Vollzug erfolgen.

Beispiel:

Eine Unternehmerin hält 100 % an einer operativen GmbH & Co. KG und einer reinen Holding-GmbH. Ziel: Beteiligung der beiden minderjährigen Kinder zur Nutzung von Freibeträgen und zur behutsamen Heranführung an Verantwortung. Statt einer unmittelbaren Kommanditbeteiligung der Kinder an der KG überträgt die Unternehmerin je 20 % der Anteile an der Holding-GmbH. Der Schenkungsvertrag ordnet die Vermögenssorge ausschließlich der Schenkerin zu (§ 1638 Abs. 3 BGB), benennt einen erfahrenen Rechtsanwalt als künftigen Ergänzungspfleger und stellt den Vollzug unter die aufschiebende Bedingung der familiengerichtlichen Genehmigung (§ 1852 BGB).

Die Holding-Satzung enthält eine Vinkulierung, ein Abfindungsmodell mit fünfjähriger Stundung sowie eine Thesaurierungsquote bis zum 21. Lebensjahr. Mit Eintritt der Volljährigkeit behalten die Kinder ihr Kündigungsrecht; sollte davon binnen zwölf Monaten Gebrauch gemacht werden, kann die Schenkerin die übertragenen Anteile gegen die ohnehin geschuldete, gestundete Abfindung zurückverlangen. Operative Umstrukturierungen (Formwechsel, Akquisition) finden ausschließlich „unterhalb“ der Holding statt – ohne zusätzliche Genehmigungs- oder Pflegerunden. Ergebnis: sichere Anerkennung, planbare Liquidität, volle Handlungsfähigkeit im operativen Geschäft.

Fazit

Die Beteiligung Minderjähriger ist kein juristischer Sonderweg, sondern ein anspruchsvolles, aber beherrschbares Gestaltungsprojekt. Wer Vertretung, Genehmigung und Haftung von Anfang an mitdenkt, Strukturen über eine Holding entflechtet und die zentralen Satzungsbausteine – Abfindung, Stundung, Vinkulierung, Thesaurierung – sauber setzt, schafft eine robuste Balance aus Kindeswohl, Familienzielen und Unternehmensinteressen. Der Vollzug „unter Bedingung“ verhindert Anerkennungsrisiken; testamentarische Flankierung (Ersatzerbe, Nacherbe, Dauertestamentsvollstreckung) sichert den Ausnahmefall. So wird die frühe Beteiligung vom Risiko zur Chance – rechtlich tragfähig, steuerlich wirksam und familiär friedensstiftend.

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