Immobilien an Kinder übertragen: Was Sie beachten sollten
Die Übertragung einer Immobilie auf die eigenen Kinder gehört zu den häufigsten Gestaltungen der vorweggenommenen Erbfolge. Richtig umgesetzt vereint sie drei Ziele: steuerliche Entlastung durch geschickte Nutzung der Freibeträge, rechtssichere Absicherung der Eltern (z. B. via Nießbrauch / Wohnrecht) und klare Familien- / Nachfolgestrukturen. Gleichzeitig gilt: Sobald Minderjährige beteiligt sind oder Wohnungseigentum im Spiel ist, greifen besondere Vertretungs- und Genehmigungsregeln. Dieser Beitrag führt Sie praxisnah durch die Kernpunkte – damit die Schenkung nicht an Form, Vertretung oder Folgekosten scheitert.
Steuerlich klug: Freibeträge und Bewertungshebel
Pro Kind steht Eltern alle zehn Jahre ein Freibetrag von 400.000 € zu. Wer frühzeitig in Etappen überträgt, nutzt den Freibetrag mehrfach und fängt Wertzuwächse beim Kind ab. Nießbrauch oder Wohnungsrecht zugunsten der Eltern senken zudem den steuerlichen Wert der Zuwendung spürbar, weil die Nutzung beim Schenker verbleibt. Ergebnis: mehr Substanz kann steuerfrei bzw. steuerbegünstigt übergehen – ohne die eigene Versorgung zu gefährden.
Form & Vollzug: Notar, Grundbuch, klare Reihenfolge
Immobilienübertragungen müssen notariell beurkundet und im Grundbuch vollzogen werden. In der Praxis werden das Eigentum auf das Kind und – falls gewünscht – Nießbrauch / Wohnungsrecht für die Eltern in einem Notartermin geordnet. Wichtig ist die Antragsreihenfolge: Damit die nachträgliche Einräumung von Rechten zugunsten der Eltern nicht als eigenständiger, rechtlich nachteiliger Akt beim Kind gewertet wird, sollten Umschreibungsantrag und die Eintragung der vorbehaltenen Rechte verbunden gestellt werden (Stichwort § 16 Abs. 2 S. 2 GBO). So bleibt die Schenkung in sich stimmig und rechtssicher.
Minderjährige als Erwerber
Lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte (§ 107 BGB)
Erhält ein Kind eine Immobilie ohne rechtliche Nachteile, kann es (bzw. vertreten durch die Eltern) die Zuwendung ohne familiengerichtliche Genehmigung annehmen. Rechtlich vorteilhaft sind u. a.:
– Vorbehalt von Nießbrauch / Wohnungsrecht zugunsten der Eltern (solange keine umfassenden Kosten- / Aufwendungsersatzpflichten des Kindes ausgelöst werden),
– die Übernahme bestehender Dienstbarkeiten ohne Erhaltungspflichten,
– die Übernahme dinglicher Vorkaufs- / Wiederkaufsrechte,
– laufende öffentliche Lasten (Grundsteuer etc.) sowie Notar- / Gerichts- / Steuern beeinträchtigen den „Vorteil“ nicht.
Nicht rechtlich vorteilhaft sind typischerweise:
– die Überlassung eines vermieteten Objekts (Vermieterpflichten!),
– der Erwerb von Wohnungseigentum (WEG) wegen der gesetzlich akzessorischen Haftung in der Eigentümergemeinschaft,
– eine Pflichtteilsanrechnung (§ 2315 BGB), wenn sie der Schenker anordnet.
Wenn Eltern nicht vertreten dürfen & Ergänzungspflegschaft
Kommt es zu Interessenkollisionen (Eltern schenken an ihr eigenes Kind; Eltern sind selbst Vertragsgegner; Teilentzug der Sorge; spezielle Verbote gem. § 181 BGB), kann die elterliche Vertretung teleologisch reduziert zulässig sein – soweit die Zuwendung nur rechtlich vorteilhaft ist. Sobald Nachteile drohen (vermietetes Objekt, WEG-Recht, Zahlungspflichten, Reallast mit persönlicher Haftung), braucht es regelmäßig eine Ergänzungspflegschaft (§ 1809 BGB) mit Bestellung durch das Familiengericht. Praktisch wird der Pfleger häufig anwaltlich bestellt, um Neutralität zu sichern. Der Notar kann die Bestellung anregen und den Vollzug über eine notarielle Eigenurkunde absichern.
Gerichtliche Genehmigungen (§ 1643 BGB i. V. m. §§ 1848 ff. BGB)
Für entgeltliche Geschäfte des Minderjährigen (z. B. Schuldübernahme, Kaufpreiszahlung) ist die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich. Seit 2023 unterliegen zudem unentgeltliche Erwerbe von Wohnungs- oder Teileigentum einer Genehmigungspflicht (§ 1850 Nr. 4/5 BGB), weil WEG-Miteigentum nie „nur vorteilhaft“ ist. Merksatz: Freies Grundstück ohne Zahlungsverpflichtung – oft genehmigungsfrei. WEG oder Zahlungspflicht / Schuldübernahme – genehmigungspflichtig.
WEG-Einheiten an Kinder: besondere Vorsicht
Wohnungseigentum bringt Zwangsmitgliedschaft und Haftungsfolgen mit sich (Beschlüsse binden Rechtsnachfolger, Verwalterverträge, Kostenumlagen). Deshalb ist der unentgeltliche Erwerb durch Minderjährige immer genehmigungspflichtig und regelmäßig nicht lediglich vorteilhaft.
Nießbrauch & Wohnrecht: Absicherung, Steuern, Pflichtteile
Ein Nießbrauch (auch „Elternnießbrauch“) erhält die volle Nutzungs- und Fruchtziehung (Mieten) bei den Eltern; das Wohnungsrecht sichert die eigene Nutzung. Beides senkt den Schenkungswert und ist bei Minderjährigen meist unschädlich (rechtlich vorteilhaft), solange keine Erhaltungs- oder Kostentragungspflichten auf das Kind verlagert werden. Achten Sie auf klare Kostenregelungen (wer zahlt Betriebskosten, Instandhaltung, Versicherungen?) und darauf, dass persönliche Haftungen (z. B. Reallast) das Kind nicht treffen. Für die Pflichtteilsplanung kann die Wahl des Nutzungsrechts Einfluss auf Fristen / Anrechnungen haben – hier lohnt die individuelle Prüfung.
Rückforderungs- und Sicherungsklauseln: fair und vollstreckbar
Auch bei Schenkungen an Kinder ist es sinnvoll, Rückforderungsrechte vorzusehen (Vorversterben, Insolvenz / Pfändung, fehlender Ehevertrag, Weiterübertragung an Dritte). Diese müssen klar, maßvoll und vollstreckbar gestaltet sein, ohne die Mitunternehmer- / Eigentümerstellung des Kindes zu entwerten. Im Grundbuch sichern Vormerkungen, Rangvorbehalte und eine saubere Antragslogik den späteren Zugriff.
Praxis-Check: typische Stolperstellen
Viele Gestaltungen scheitern nicht am Willen, sondern an Form- und Vollzugsdetails. Prüfen Sie vor Beurkundung:
– Ist die Zuwendung „nur vorteilhaft“? Wenn nein: Ergänzungspflegschaft und Genehmigung einplanen.
– Liegt WEG vor? Dann Genehmigungspflicht seit 2023 – lieber vermeiden, wenn minderjährig.
– Sind Nießbrauch / Wohnrecht kostenneutral fürs Kind gestaltet?
– Wer stellt welche Anträge in welcher Reihenfolge? (Koppelung der Eintragungen)
– Steuerfluss (Schenkungsteuer / Zurechnung), Freibeträge, Etappenplanung über 10-Jahres-Intervalle.
Fazit
Die Schenkung einer Immobilie an Kinder ist rechtlich gut beherrschbar – wenn Sie Form, Vertretung und Folgelasten sauber strukturieren. Steuerlich bringen Freibeträge und Nießbrauch / Wohnrecht deutliche Vorteile. Sobald Minderjährige oder WEG beteiligt sind, entscheiden Ergänzungspflegschaft und gerichtliche Genehmigung über die Wirksamkeit. Mit sorgfältiger Vertragsarchitektur und richtigen Grundbuchinstrumenten wird aus der guten Idee eine tragfähige Lösung.