Unternehmensübergabe in der Familie: Typische Konflikte vermeiden
Familieninterne Übergaben scheitern selten an der Technik, sondern an Erwartungen: Wer entscheidet künftig? Wie wird Leistung vergütet und Entzug sanktioniert? Und was ist „fair“, wenn eines der Kinder operativ übernimmt, die anderen aber „nur“ erben wollen? Wer diese Fragen früh und präzise ordnet, entschärft 90 % der Konflikte, bevor sie entstehen.
Rollen und Zuständigkeiten klar trennen
Der häufigste Zündstoff ist ein ungeklärter Kompetenzmix aus Senior, Nachfolger und mitentscheidender Familie. Abhilfe schafft ein sauberer Mandatswechsel: Geschäftsführung mit konkretem Aufgaben- und Unterschriftenkatalog, Entkopplung von Gesellschafter- und Geschäftsführungsrolle, sowie ein Beirat / Advisory Board mit klaren Übergangskompetenzen (z. B. Budgetfreigaben, Bestellung / Abberufung, Sonderrechte bei Krisen). Der Senior erhält – wenn gewünscht – definierte Informationsrechte, aber kein „unsichtbares Vetorecht“.
Vergütung vs. Ausschüttung
Leistung gehört in die Geschäftsführer-Vergütung, Eigentum in die Ausschüttung. Wer operativ arbeitet, wird marktgerecht bezahlt; darüber hinaus erhält er / sie Ausschüttungen wie alle. So vermeiden Sie Dauerkonflikte über „verdeckte Gewinnausschüttungen“ oder „überzogene Geschäftsführerbezüge“. Für Übergangsphasen helfen Bonuspläne, die an messbare Ziele (EBIT, Cashflow, Meilensteine) gekoppelt sind und nachprüfbar bleiben.
Bewertung & Abfindung ohne Streit
Bei Kauf- / Schenkungsmix entzünden sich Konflikte an „zu teuer / zu billig“. Eine Bewertungsklausel mit anerkanntem Verfahren (IDW S 1 / Ertragswert; optional Multiple-Cap), festem Stichtag und Zahlungslogik (Raten, Sicherheiten, Zins) schafft Frieden. Earn-out-Elemente puffern Prognoserisiken: Ein Teil des Preises hängt an definierten Ergebnissen, die Methodik ist vorab festgezurrt (Bilanzierungsgrundsätze, Prüfung, Schiedsgutachtenmechanik).
Liquidität planen – für Unternehmen und Erben
Hohe Abfindungen oder Kaufpreise gefährden häufig die Gesellschaft. Besser sind kombinierte Modelle: moderater Kaufpreis, Raten mit Covenants, Sicherheiten außerhalb des Betriebskapitals, sowie Mindest- / Ausschüttungskorridore, die Bankfähigkeit und Investitionsspielraum respektieren. Für weichende Geschwister funktionieren Put- / Call-Optionen mit zeitlichen Fenstern – planbar und ohne „Erpressung“ im Krisenmoment.
Geschwisterfrieden sichern
Gleichbehandlung ist nicht Gleichmacherei. Wer übernimmt, trägt Haftung, Arbeitslast und Reputationsrisiko – das rechtfertigt Managementprämien oder eine leichte Mehrheitsposition, solange Minderheiten echte Schutzrechte behalten (Informations-, Zustimmungs-, Exit- und Mitverkaufsrechte). Für Nicht-Mitwirkende sind klare Exit-Pfade mit nachvollziehbarer Bewertung und steuerlich sauberer Struktur Gold wert.
Ehegatten absichern - ohne Blockade
Der überlebende Partner braucht planbare Mittel, ohne die Gesellschaft zu strangulieren: kleine indexierte Leibrente mit Reallast, ergänzend Ertragsrechte (Dividendenvorzug / Mindestausschüttung) statt schwer steuerbarer Nießbrauchs-Konstrukte. Wichtig sind Anrechnungsklauseln, Widerrufsrechte (Scheidung / Vorversterben) und die Abstimmung mit Pflichtteils- und Schuldenkürzungsregeln.
Governance für den Ernstfall
Deadlock-Mechanismen verhindern Lähmung. Notfallklauseln erlauben verkürzte Ladungsfristen, digitale Beschlussfassung und Ersatzversammlungen. Wichtige Geschäfte und Krisenkompetenzen sind numerisch definiert (z. B. Schwellenwerte, Covenant-Brüche, Insolvenzreife).
Kommunikation und Dokumentation
Konflikte eskalieren, wenn Inhalte informell bleiben. Halten Sie den Prozess schriftlich fest: familiäres Leitbild, Protokolle, Term Sheets, Gesellschaftervereinbarung, Satzung, Geschäftsordnung für die Geschäftsführung / den Beirat, Bewertungs- und Ausschüttungspolitik, Exit- und Nachschussregeln. Ein schlanker Datenraum sorgt dafür, dass alle mit denselben Zahlen arbeiten.
Steuern mitdenken – aber nachgelagert entscheiden
Freibeträge, Güterstandsschaukel, gestaffelte Schenkungen und Verschonungsregeln sind Hebel – sie ersetzen keine tragfähige Governance. Erst die betriebswirtschaftlich richtige Lösung festzurren, dann steuerlich optimieren. Sonst sparen Sie heute und streiten morgen.
Timing realistisch planen
Übergaben brauchen Etappen: Probephase mit klaren, zu erreichenden Zielen, formeller Machtwechsel, anschließende Stabilisierung. Jede Phase hat eigene Verträge und Review-Zeitpunkte.
Fazit
Wer Zuständigkeiten, Geldflüsse, Bewertung und Ausstiege ex ante definiert und sie in Satzung und Gesellschaftervereinbarung verankert, entzieht dem Familienkonflikt die Munition. So bleibt das Unternehmen handlungsfähig – und die Familie ist es auch.
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