Generierung von Betriebsvermögen: Wie man „böses“ Privatvermögen in begünstigtes Betriebsvermögen verwandelt

Das Erbschaftsteuergesetz unterscheidet sehr grob gesagt zwischen „gutem“ und „bösem“ Vermögen. Begünstigt ist vor allem inländisches und EU/EWR-Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie bestimmte Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Auf diese Vermögensarten schüttet das Gesetz ein ganzes Füllhorn an Vergünstigungen aus: Verschonungsabschlag, Abzugsbetrag, Tarifentlastung und sogar Steuererlass sind möglich. Klassisches Privatvermögen – also etwa vermietete Immobilien im Privatvermögen, Wertpapierdepots oder große Liquiditätsbestände – bleibt dagegen voll steuerpflichtig.

Naheliegend ist daher der Gedanke, „böses“ Privatvermögen in „gutes“ Betriebsvermögen zu verwandeln, um in den Genuss der Verschonung zu kommen. Genau darum geht es bei der Generierung von Betriebsvermögen. Aber: Es ist eine hochsensible Gestaltung. Wer hier nur auf die Ersparnis am Tag der Schenkung schaut, übersieht schnell die ertragsteuerlichen und erbschaftsteuerlichen Stolpersteine der nächsten fünf bis sieben Jahre.

Umwandlung in Betriebsvermögen ist kein Selbstläufer

Bevor man Privatvermögen in eine GmbH & Co. KG oder eine andere Struktur schiebt, muss man immer über den gesamten Zeitraum denken: von der Umwandlung über die Lohnsummen- und Behaltensfristen bis hin zu einer möglichen späteren Veräußerung.

Zum einen steht am Anfang die Hürde des Verwaltungsvermögenstests. Nur wenn das schädliche Verwaltungsvermögen in der jeweiligen wirtschaftlichen Einheit bestimmte Quoten nicht überschreitet, greift überhaupt die Begünstigung. Zum anderen ist das neu geschaffene Betriebsvermögen nach dem Erwerb über Jahre „unter Beobachtung“: Lohnsummen müssen eingehalten, Beteiligungen gehalten, Entnahmen und Umstrukturierungen sauber geplant werden. Entstricken Sie das Vermögen später wieder – etwa durch Entnahme oder Verkauf – können die stillen Reserven ertragsteuerlich voll zuschlagen und einen großen Teil der erbschaftsteuerlichen Ersparnis auffressen.

Hinzu kommen ganz praktische Punkte: Gründungs- und laufende Kosten einer GmbH & Co. KG, laufende Buchführung, Jahresabschlüsse, eventuell Jahresabschlussprüfung. Eine Gestaltung, die auf dem Papier am Stichtag sehr attraktiv aussieht, kann im Gesamtzeitraum wirtschaftlich enttäuschen, wenn man diese Faktoren nicht mit kalkuliert.

Wann die Generierung von Betriebsvermögen überhaupt sinnvoll ist

Sinnvoll ist die Umwandlung vor allem dort, wo das Vermögen ohnehin steuerlich „verstrickt“ ist – also laufende Erträge erzielt und Wertsteigerungen realistischerweise später steuerpflichtig werden. Typische Beispiele sind:

  • ausländische Betriebsstätten und ausländische Betriebsvermögen, die aus erbschaftsteuerlicher Sicht (noch) nicht begünstigt sind,

  • werthaltige Beteiligungen, die bisher im Privatvermögen gehalten werden,

  • Immobilien, die längerfristig im Familienvermögen bleiben und bereits heute als Vermietungsobjekte genutzt werden.

Hier kann es attraktiv sein, den Wert in eine Struktur zu überführen, die erbschaftsteuerlich als begünstigtes Betriebsvermögen qualifiziert – etwa indem Beteiligungen in eine Betriebs-GmbH oder eine gewerblich geprägte Personengesellschaft eingebracht werden und der Anteil an dieser Gesellschaft später verschenkt oder vererbt wird.

Entscheidend ist dabei immer: Das Vermögen muss bereits in der Hand des Schenkers Betriebsvermögen sein, wenn der spätere Erwerber von der Begünstigung profitieren soll. Eine „Umwandlung auf halbem Weg“, also erst nach der Schenkung beim Erwerber, reicht in aller Regel nicht aus.

Verwaltungsvermögen als natürliche Grenze der Gestaltung

Die größte praktische Hürde ist das Verwaltungsvermögen. Erbschaftsteuerlich ist nur das „produktive“ Betriebsvermögen begünstigt; Vermögenswerte, die primär der renditeorientierten Vermögensanlage dienen, gelten als Verwaltungsvermögen und sind entweder gar nicht oder nur begrenzt begünstigt. Dazu gehören insbesondere:

  • fremdvermietete Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (mit Ausnahmen, z.B. Wohnungsunternehmen),

  • Kleinbeteiligungen an Kapitalgesellschaften,

  • klassische „Privatvermögenswerte“ wie Kunst, Oldtimer, Yachten, Edelmetalle usw.,

  • Wertpapiere und bestimmte Finanzinstrumente,

  • Finanzmittelvermögen (Bankguthaben, Kassenbestände usw.), soweit es über bestimmte Sockelbeträge hinausgeht.

Gerade bei Immobilienvermögen und größeren Liquiditäts- bzw. Wertpapierbeständen scheitert die Idee der „Umwidmung“ häufig an dieser Stelle: Wird zu viel des Vermögens als Verwaltungsvermögen eingeordnet oder liegt der Verwaltungsvermögensanteil über der kritischen Quote, fällt die Verschonung komplett weg. Dann haben Sie zwar formal Betriebsvermögen geschaffen – aber steuerlich keinen Vorteil erzielt.

Die Stellschrauben in der Praxis sind daher:

  • Erhöhung des „produktiven“ Unternehmenswerts (z. B. durch Investitionen ins operative Geschäft),

  • gezielte Umschichtung von Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen,

  • Vermeidung von Einlagen junger Finanzmittel kurz vor dem Stichtag,

  • sinnvolle Fremdfinanzierung, um Finanzmittelbestände und damit das Verwaltungsvermögen zu reduzieren,

  • gegebenenfalls Ausgliederung unvermeidbaren Verwaltungsvermögens in eigene Einheiten.

Im Bereich fremdvermieteter Immobilien lohnt ein genauer Blick auf die Rückausnahme für Wohnungsunternehmen: Wird der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen gesehen und liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, können auch fremdvermietete Immobilien in vielen Fällen aus dem „Verwaltungsvermögens-Eck“ herausgeführt werden. Die Hürden sind aber hoch und sollten vor größeren Umstrukturierungen im Rahmen einer verbindlichen Auskunft mit der Finanzverwaltung abgeklärt werden.

Praktische Wege: Einlage und Einbringung in bestehende oder neue Strukturen

Ist bereits ein Gewerbebetrieb oder eine gewerbliche Personengesellschaft vorhanden, liegt es nahe, das zu übertragende Privatvermögen diesem Betrieb zuzuordnen. Auf ertragsteuerlicher Ebene geschieht dies durch Einlage ins Betriebsvermögen. Bei Personengesellschaften kommt zusätzlich die Einlage ins Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in Betracht. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile:

  • Einlage in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft führt dazu, dass das Wirtschaftsgut allen Gesellschaftern anteilig gehört; bei einer späteren Übertragung sind dann auch die Mitgesellschafter mittelbar betroffen.

  • Einlage ins Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters lässt das Wirtschaftsgut in dessen Alleineigentum, wird aber steuerlich wie Betriebsvermögen behandelt und kann gemeinsam mit dem Mitunternehmeranteil begünstigt übertragen werden.

Ist noch kein Gewerbebetrieb vorhanden, wird häufig eine gewerblich geprägte Personengesellschaft – typischerweise eine GmbH & Co. KG – gegründet. In diese werden die zu übertragenden Vermögensgegenstände (z.B. Immobilien, Beteiligungen, Finanzanlagen) eingebracht. Mit Eintragung der KG ins Handelsregister entsteht ein begünstigungsfähiges Betriebsvermögen, dessen spätere Übertragung dem Regime der Unternehmensverschonung unterliegt. Hier muss man allerdings die Grunderwerbsteuerfalle bei der Überführung von Grundstücken und die ertragsteuerliche Behandlung der Einlage (teils entgeltlich, teils unentgeltlich) sauber durchrechnen.

Nebenwirkungen: Ertragsteuer, Gewerbesteuer und stille Reserven

Wer Privatvermögen in Betriebsvermögen umwandelt, wechselt nicht nur erbschaftsteuerlich den „Regelkreis“, sondern auch ertragsteuerlich. Laufende Erträge aus den eingelegten Vermögensgegenständen werden künftig als Gewinne aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft oder selbständiger Tätigkeit versteuert. Gewerbesteuer kann hinzukommen, die zwar häufig über § 35 EStG teilweise angerechnet wird, aber zumindest die Steuerplanung beeinflusst.

Später – etwa bei einem Verkauf der eingelegten Vermögensgegenstände oder einer Betriebsaufgabe – schlagen die stillen Reserven durch. Gewinne sind dann im Betriebsvermögen regelmäßig voll steuerpflichtig; Veräußerungsverluste können immerhin steuermindernd wirken. Für Unternehmerinnen und Unternehmer ab einem gewissen Alter oder bei dauernder Berufsunfähigkeit können die Sonderregelungen für außerordentliche Einkünfte (Fünftelregelung, besondere Freibeträge) interessant sein. Auch diese Punkte gehören in die Gesamtbetrachtung.

Ganz zentral bleibt: Verstoßen Sie innerhalb der fünf- bzw. siebenjährigen Behaltensfrist gegen die Halte- und Lohnsummenregelungen, kann die erbschaftsteuerliche Verschonung nachträglich wegfallen. Dann haben Sie zwar alle ertragsteuerlichen Belastungen mitgenommen, aber die erhoffte Erbschaftsteuerersparnis verloren.

Fazit

Die Umwandlung von Privatvermögen in Betriebsvermögen kann ein nützliches Instrument in der Nachfolgeplanung sein. Richtig eingesetzt, lassen sich mit strukturierten GmbH & Co.-KG-Modellen, Beteiligungsketten und Betriebsaufspaltungen erhebliche erbschaftsteuerliche Vorteile erzielen – insbesondere bei größeren Immobilien- und Beteiligungsvermögen und bei grenzüberschreitenden Strukturen.

Genauso klar ist aber: Eine pauschale Empfehlung „Privatvermögen in Betriebsvermögen schieben und alles wird gut“ funktioniert nicht. Jede Gestaltung muss durchgerechnet werden – über den gesamten Zeitraum, mit Blick auf Verwaltungsvermögen, Nachlauf- und Behaltensfristen, ertragsteuerliche Effekte und die ganz praktische Frage, wie viel Komplexität die Familie tragen möchte.

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