Testament und Schenkung kombinieren: Strategien für eine gerechte Nachfolge

Wer „gerecht“ vererben will, braucht mehr als ein gutes Testament. Erst das Zusammenspiel von letzter Verfügung und lebzeitigen Schenkungen schafft Planbarkeit, nutzt Freibeträge mehrfach aus, entschärft Pflichtteilsrisiken und hält den Familienfrieden. Im Mittelpunkt steht ein Stufenplan: heute gestalten, morgen absichern, übermorgen steuern.

Warum die Kombination überlegen ist

Das Testament allein verteilt nur am Stichtag Tod. Schenkungen verlagern Werte vorab, binden die nächste Generation ein und lassen Entwicklungen korrigieren. Gleichzeitig „arbeitet“ die Zeit für Sie: Freibeträge erneuern sich alle zehn Jahre; Wertzuwächse nach der Übertragung fallen beim Beschenkten an – erbschaftsteuerfrei. Mit Rückforderungsrechten, Nießbrauch oder Wohnrecht behält die übergebende Generationen Kontrolle und Versorgung.

Gerechtigkeit definieren – und juristisch festschreiben

Gerechtigkeit ist selten „gleich“. Wer Nachfolger in Unternehmen stärker bedenkt, gleicht andere Erben oft mit Immobilien, Depots oder Geld aus. Diese Logik gehört rechtssicher ins Testament (Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB, Pflichtteilsanrechnung nach § 2315 BGB) und in die Schenkungsverträge (Wertfeststellung zum Stichtag, Anrechnungsklauseln, klare Dokumentation). So vermeiden Sie spätere Streitpunkte, weil die „Spielregeln“ heute festgelegt sind.

Pflichtteil steuern, nicht bekämpfen

Pflichtteile lassen sich selten eliminieren, aber steuern: Frühzeitige Schenkungen lösen die Abschmelzung nach § 2325 Abs. 3 BGB aus; nach zehn Jahren fließen Vorempfänge regelmäßig nicht mehr in die Pflichtteilsergänzung ein (Ausnahmen beachten – etwa Ehegatten oder Nießbrauchsvorbehalte ohne wirtschaftliche Ausgliederung). Pflichtteilsverzichte gegen fairen Ausgleich und Testamentsvollstreckung reduzieren Druck auf den Betrieb und schaffen Ruhe in der Abwicklung.

Freibeträge klug staffeln

Die zentrale Steuerhebelwirkung entsteht durch mehrfache Nutzung der persönlichen Freibeträge (z. B. 400.000 € pro Elternteil und Kind alle 10 Jahre; weitere Freibeträge für Enkel bei Vorversterben der Eltern). Eine Zeitachse ordnet Übertragungen, damit Vermögen in Portionen statt „auf einmal“ geht. Für Betriebsvermögen prüfen wir die Verschonungsregeln (Regel-/Optionsverschonung) und die Verschonungsbedarfsprüfung – mit Blick auf Lohnsummen, Behaltefristen und Privatvermögen des Erwerbers.

Nießbrauch, Wohnrecht & Cashflow: Nutzen behalten, Werte verlagern

Mit Nießbrauch an Immobilien oder Anteilen bleiben Mieterträge / Dividenden beim Übergeber; der steuerliche Wert der Zuwendung sinkt. Wohnrechte sichern das Zuhause, während Eigentum bereits wechselt. Wichtig ist die wirtschaftliche Ausgliederung: je „echter“ der Vorbehalt, desto größer die Chance, Pflichtteilsergänzung abzuschmelzen – aber ohne die Grenze zur Scheinkonstruktion zu überschreiten.

Unternehmensnachfolge: Bewertung, Abfindung, Governance

Bei Gesellschaftsanteilen entscheidet die Bewertungssystematik über Fairness und Liquidität: IDW S 1 / Ertragswert (ggf. Multiple-Cap), klarer Bewertungsstichtag, Minderheits- / Marktabschläge, bei Bedarf Earn-Out-Elemente. Die Zahlungspfad-Logik (Raten, Sicherheiten, Zins) schützt die Gesellschaft vor Überzahlung und verhindert Schenkungsteuerfiktionen durch unangemessen niedrige Preise. Parallel passt man den Gesellschaftsvertrag an: Vinkulierung, Vorerwerbsrechte, Abfindung, Deadlock-Lösungen, digitale Beschlussfähigkeit – damit die Struktur auch im Ernstfall handlungsfähig bleibt.

Patchwork, besondere Lebenslagen, Schutzkonzepte

In Patchwork-Familien und bei minderjährigen oder schutzbedürftigen Begünstigten verbinden wir Vor- und Nacherbschaft, Vermächtnisse, Behindertentestament und Testamentsvollstreckung zu einem belastbaren Gefüge. So fließen Werte an die Richtigen – zeitlich gestaffelt, zweckgebunden und pfändungssicherer.

Dokumentation, Vollmachten, Notfallmappe

Die beste Gestaltung scheitert an fehlender Handlungsfähigkeit. Deshalb gehören Vorsorgevollmacht, Patienten- und Bankvollmachten, Gesellschafts- und Stimmrechtsvollmachten sowie eine Notfallmappe immer dazu. Das verhindert Stillstand bei Krankheit oder Todesfall und sichert Liquidität und Entscheidungswege.

Fazit

Zuerst definieren Sie Ziele („gerecht“ nach Ihrer Familienlogik). Dann folgt die Vermögensinventur mit steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Stolpersteinen. Anschließend entwerfen wir den Stufenplan: sofortige Schenkungen mit Vorbehalten, terminiert wiederholte Teilübertragungen, ergänzendes Testament mit Ausgleichungs- / Anrechnungsklauseln, Testamentsvollstreckung und klare Bewertung / Abfindung. Am Ende stehen Notartermine, Register- / Grundbucheinträge – und ein jährlicher Check-up.

Lesen Sie auch:

Jetzt Termin vereinbaren
Previous
Previous

Erbengemeinschaft vermeiden: Wie rechtzeitige Schenkungen helfen

Next
Next

Schenkung an Enkelkinder: Steuerliche Chancen und Fallstricke