Die Versorgung des Ehepartners in der Nachfolge – Strategien, Steuern, Muster
Wenn das operative Vermögen in der Nachfolge direkt auf die nächste Generation übergeht, bleibt die zentrale Frage: Wie wird der Ehepartner stabil, flexibel und steuerlich effizient versorgt? Die Antwort ist selten „entweder oder“, meist eine kluge Kombination aus Vermögenszuordnung, Rentenmechanik und – wo passend – Nießbrauch / Ertragsrechten.
1) Vorüberlegungen: Bedarf, Bestand, Lücke
Bestandsaufnahme
Räumlich / gegenständlich: Familienheim, Ferienimmobilie, Hausrat, Kunst, PKW. Faustregel: klare Zuordnung zum überlebenden Ehepartner; ausnahmsweise Nießbrauch, wenn Substanz beim Nachwuchs bleiben soll.
Finanziell: Welche Erträge fließen heute und künftig? Festgelder, Renten- / Lebensversicherungen, Wertpapiere, Unternehmensnahe Vorteile (Dienstwagen, Firmenrente). Prognosen sind unsicher – arbeiten Sie mit Bandbreiten.
Bedarfsanalyse
Ist-Situation (monatlicher Lebensunterhalt), absehbare Änderungen (Wegfall Firmenwagen etc.).
Risikopuffer für Gesundheit / Pflege und Inflation.
Versorgungslücke definieren
Lücke kann durch Vermögensübertragung, feste Renten und / oder variable Ertragsrechte geschlossen werden.
2) Schenkungen unter Lebenden: schnell und steuerlich planbar
Freibetrag Ehegatten: 500.000 € alle 10 Jahre; Familienheim unter Lebenden regelmäßig steuerfrei übertragbar; von Todes wegen steuerfrei, wenn unverzüglich selbst genutzt und 10 Jahre gehalten (Ausnahmen bei zwingenden Gründen).
Versicherungen: Abtretung laufender Kapitallebens- / Rentenversicherungen; Bewertung idR mit Rückkaufswert.
Zugewinnausgleich / „Güterstandsschaukel“: Beendigung der Zugewinngemeinschaft per Ehevertrag, Ausgleichszahlung schenkungsteuerfrei – anschließend Rückkehr in Zugewinn möglich. Achtung: zivil- / ertragsteuerlich entgeltlicher Transfer – Ausgleich nicht aus steuerverhaftetem Vermögen bestreiten.
Unbedingt einbauen:
Widerrufs- / Rückfallklauseln (Vorversterben Beschenkter, Scheidung, Getrenntleben): Rückübertragung steuerfrei; gezahlte Schenkungsteuer Erstattungstatbestand.
3) Vererbung von Privatvermögen: Liquidität & Selbstbestimmung
Zielbild: Der Ehepartner erhält liquide Mittel (Wertpapiere / Festgelder) und gestaltet Erträge selbst; Substanz kann bei Bedarf angegriffen werden.
Aber: Privatvermögen reicht oft nicht, oder muss zwischen Ehepartner und Unternehmensnachfolger liquide austariert werden (ErbSt / Pflichtteil / Finanzierung der Nachfolger).
4) Feste Leistungen: Leibrente oder dauernde Last
Feste Versorgungen sichern den Ehepartner über eine monatliche Zahlung auf Lebenszeit. In der Praxis wird zwischen Leibrente (typisch als Vermächtnis) und dauernder Last unterschieden. Kernfragen sind Höhe, Wertsicherung und rechtliche Absicherung.
Worum geht’s?
Die Zahlung wird einmal festgelegt und regelmäßig wertgesichert – am unkompliziertesten über den Verbraucherpreisindex. Alternativ kann man an Beamtenbesoldung (A-Besoldung) oder Tariflöhne anknüpfen, wenn der Lebensstandard daran hängt. Zur Durchsetzbarkeit wird die Leistung häufig über eine Reallast auf einer Immobilie gesichert; die Kombination mit einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung macht den Anspruch praktisch durchsetzbar. Für Störfälle (Zahlungsverzug, drohende Insolvenz, Zwangsmaßnahmen) kann ein Barwert-Fälligkeitstatbestand vorgesehen werden, damit der Ehepartner nicht monatelang hinterherlaufen muss.
Vorteile
Hohe Planbarkeit für den Ehepartner; klare Anpassungslogik schützt vor Inflation; mit Reallast / Unterwerfung rechtlich robust. Bei Einordnung als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sind die Zahlungen beim Verpflichteten grundsätzlich abziehbar und beim Berechtigten steuerpflichtig – die Liquiditätsbelastung wird so steuerlich abgefedert.
Nachteile
Beim Unternehmenserben kann eine feste Rente in schwachen Jahren drücken; Sicherheiten auf Betriebsvermögen kollidieren mit Bank- und Finanzierungsinteressen. Steuerlich ist der Katalog der begünstigten Fälle eng; reine Unterhaltsrenten eröffnen den Sonderausgabenabzug nicht. In der Erbschaftsteuer gilt bei Erwerb von begünstigtem Betriebsvermögen eine Schuldenkürzung: Rentenlasten mindern die Bemessungsgrundlage nur anteilig – das schmälert den Effekt.
5) Variable Leistungen aus Nachlass oder Unternehmen
Nießbrauch: Erträge für den Ehepartner, Substanz bei den Kindern
Worum geht’s?
Die Vermögenssubstanz (z. B. Anteile, Immobilien) geht auf die nächste Generation, der überlebende Ehepartner zieht die laufenden Erträge. Zivilrechtlich kommt ein Nießbrauch am gesamten Nachlass, an einzelnen Vermögensgegenständen oder an Gesellschaftsanteilen in Betracht; bei Kapitalgesellschaften regelmäßig als Ertragsnießbrauch an Rechten.
Vorteile
Substanz bleibt unangetastet; der Ehepartner erhält laufende Erträge. Schenkungsteuerlich kann ein Vorbehaltsnießbrauch den steuerlichen Wert der Übertragung mindern; das ist in der Liquiditätsplanung oft attraktiv.
Nachteile
Struktureller Interessenkonflikt „Substanz vs. Ertrag“: Eigentümer wollen investieren / thesaurieren, Nießbraucher bevorzugt Ausschüttungen. Das verlangt klare Regeln zu Gegenstand / Quote, Stimmrecht, Ausschüttungspolitik, Gewinn- / Verlustbeteiligung, Informationsrechten und zu Veränderungen (Formwechsel, Verkäufe, Kapitalmaßnahmen). In Personengesellschaften braucht es gesellschaftsvertragliche Öffnung bzw. Zustimmungen; ertragsteuerlich ist die Mitunternehmerschaft von Nießbraucher und / oder Gesellschafter jeweils zu prüfen und mit dem Finanzamt abzustimmen. Bei Immobilien fällt für den kapitalisierten Nießbrauch am Grundbesitz ggf. Grunderwerbsteuer an. Insgesamt: komplex, konfliktanfällig, dafür substanzschonend.
Sonstige variable Leistungen: An Ertragsgrößen koppeln
Worum geht’s?
Statt fixer Rente wird die Versorgung prozentual an objektive Bezugsgrößen geknüpft – etwa an den auf den Erben entfallenden Gewinn einer Mitunternehmerschaft oder an Dividendenströme. Üblich sind monatliche Vorauszahlungen auf Basis des letzten Feststellungs- oder Jahresabschlusses mit jährlicher Abrechnung; bei Differenzen entscheidet ein neutraler Gutachter.
Vorteile
Die Liquidität „atmet“ mit der Ertragslage: In schwachen Jahren sinkt die Belastung, in starken steigt der Versorgungsbeitrag. Die Kopplung an amtliche / prüfbare Größen reduziert Streitpotenzial.
Nachteile
Schwankende Zahlungen können die Planungssicherheit des Ehepartners beeinträchtigen; bei Minderheitspositionen besteht das Risiko „Ausschüttungssteuerung“. Steuerlich gilt: Ein Sonderausgabenabzug als Versorgungsleistung kommt nur im engen gesetzlichen Rahmen in Betracht; außerhalb dessen sind die Zahlungen beim Verpflichteten nicht abziehbar und beim Berechtigten ggf. anders zu behandeln. Sorgfältige Definition der Bezugsgröße, klare Abrechnungsmechanik und ein Schiedsgutachtermechanismus sind Pflicht, sonst drohen Dauerkonflikte.
6) Typische Gestaltungen aus der Praxis
Familienheim und Basisrente
Das selbstgenutzte Familienheim wird noch zu Lebzeiten auf den Ehepartner übertragen; das schafft klare Eigentumsverhältnisse, ist schenkungsteuerlich begünstigt und sichert das Wohnen ohne spätere Mitspracherechte Dritter. Ergänzend geht ein Teil des Wertpapierdepots auf den Ehepartner über, damit liquide Mittel und Erträge sofort zur Verfügung stehen. Die Versorgung wird durch eine kleine, indexierte Leibrente abgerundet, die über eine Reallast am Grundstück besichert ist. So entsteht ein stabiles Grundrauschen aus mietfreiem Wohnen, laufenden Kapitalerträgen und inflationsgeschützter Zusatzrente – rechtlich durchsetzbar, ohne die Unternehmenssubstanz zu belasten.
Unternehmensnachfolge mit Ertragsrecht
Die Beteiligung am Unternehmen wechselt auf den Nachfolger, während der Ehepartner ein Ertragsnießbrauchsrecht erhält – flankiert durch eine Mindestausschüttung beziehungsweise einen Dividendenvorzug. Damit bleibt die Substanz in der nächsten Generation, der Ehepartner partizipiert aber an den laufenden Ergebnissen. Eine klare Stimmrechtsbindung für Bilanzpolitik und Ergebnisverwendung verhindert, dass Ausschüttungen zu Lasten des Versorgungsanspruchs „wegstrukturiert“ werden. Entscheidend sind saubere Regeln zu Informationsrechten, Ausschüttungsrhythmus und Umgang mit Sondersituationen wie Formwechsel, Verkauf oder Kapitalmaßnahmen.
Güterstandsschaukel und gestaffelte Schenkungen
Zunächst wird der Zugewinn durch Ehevertrag beendet und der Ausgleich schenkungsteuerfrei auf den Ehepartner übertragen; anschließend kehren die Ehegatten in die Zugewinngemeinschaft zurück. Auf dieser Basis folgen planvolle Schenkungen im Zehnjahresrhythmus, um Freibeträge mehrfach zu nutzen und Vermögen schrittweise, liquiditätsschonend zu übertragen. Widerrufs-, Scheidungs- und Vorversterbensklauseln sorgen dafür, dass Zuwendungen in Krisen- oder Fehlanreizlagen rückholbar bleiben. Das Ergebnis ist eine steueroptimierte, rechtssichere Vermögensverschiebung mit eingebauter Absicherung – ohne den familiären Handlungsspielraum einzuengen.
Fazit
Die beste Versorgung des Ehepartners verbindet planbare Liquidität mit rechtlicher und steuerlicher Robustheit. Ob Leibrente, dauernde Last oder Ertragsnießbrauch: Entscheidend sind klare Prioritäten (Wohnen, laufender Bedarf, Reserve), saubere Bedienlogiken mit Indexierung und Sicherheiten sowie eine Ausschüttungspolitik, die zur Unternehmensrealität passt. Prüfen Sie jede Variante auf Cashflow-Tragfähigkeit und Schnittstellenrisiken zwischen Ehe-, Erb- und Gesellschaftsrecht; dokumentieren Sie Anrechnung, Ausgleichung und Widerrufsrechte eindeutig. Steuerlich gehören Freibeträge, Güterstandsschaukel, Schuldenkürzungen (§ 10 Abs. 6 ErbStG) und die engen Voraussetzungen für Versorgungsleistungen in den Werkzeugkasten—aber immer im Einzelfall gerechnet. Aus Mustern werden erst durch individuelle Zahlen, Fristen und Zuständigkeiten belastbare Lösungen. Wer Versorgung, Nachfolge und Governance zusammen denkt, verhindert Streit, schont Liquidität und sichert den Lebensstandard des Ehepartners wirklich ab.
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